Fusion im Zentrum der aktuellen Musik

Die Gemeinschaft unabhängiger Spielstätten (GuS) funktioniert: Das neueste Projekt heißt „Off New York“ und bietet jungen amerikanischen Künstlern ein Forum. Ein Wachstum der GuS wird von den Machern nicht ausgeschlossen

„Off NewYork“ heißt die von der Kunststiftung NRW geförderte Konzert-Reihe, die morgen im Bielefelder Bunker Ulmenwall beginnt. Unbekanntere amerikanische Künstler aus der jungen, ambitionierten New Yorker Szene spielen dort vor allem improvisierte Musik. Außer in Bielefeld treten die Musiker noch im Dortmunder „Domicil“ und im Kölner „Stadtgarten“ auf.

„Das Projekt ist nur durch den Zusammenschluss der drei Spielstätten möglich“, sagt Reiner Michalke vom Kölner Stadtgarten. Im vergangenen Jahr wurde die „Gemeinschaft unabhängiger Spielstätten NRW“, kurz: GuS, gegründet. So entstand ein Netzwerk dreier international renommierter Spielorte der zeitgenössischen improvisierten Musik in NRW, die laut Michalke vorher nur sporadisch kooperierten.

Dadurch dass die drei Musketiere der aktuellen Musik ihre Aktivitäten bündeln, sollen vor allem überregionale Projekte finanzierbar werden. „Wir befinden uns ständig im Überlebenskampf“, beklagt Michalke die unzureichende Förderung. Dabei bietet NRW mit seinen Spielstätten und Festivals, seinen international bedeutenden Ausbildungszentren und Musikern eine beispiellose Vielfalt. Hinzu kommen etliche Studios, Plattenlabels, Agenturen und die Tatsache, dass zwei der vier deutschen Jazz-Zeitschriften hier erscheinen. „Nirgendwo sonst gibt es eine höhere Dichte“, sagt der Stadtgarten-Chef.

Gestützt wird Michalkes Aussage auch durch eine jüngst veröffentlichte Studie, nach der NRW das Zentrum aktueller Musik in Europa sei. Im krassen Gegensatz dazu stehe die staatliche Förderpolitik. Die Zuschüsse würden seit Jahren angesichts leerer öffentlicher Kassen reduziert. Steigende Abgaben und gesetzliche Rahmenbedingungen gefährdeten zusätzlich die Existenz der Spielstätten, die oft von ehrenamtlich tätigen Vereinen betrieben würden. Dass es kulturpolitisch auch anders geht, zeigt ein Blick über die Grenze. Holland und Dänemark verfügten über ein vorbildliches Fördersystem, heißt es in der Studie.

Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Situation verzichtet die GuS weiterhin auf große Namen. „Mit der Off New York-Reihe wollen wir frische Stimmen entdecken“, sagt Konnie Vossebein, die künstlerische Leiterin des Bunkers Ulmenwall. Ein weiteres Projekt der GuS beginnt im Oktober. Unter dem Titel „next wave europe“ präsentieren die Spielstätten in Kooperation mit dem Westdeutschen Rundfunk (WDR) herausragenden Musiker-Nachwuchs aus den neuen EU-Staaten. Länderschwerpunkt ist zunächst Polen. Im November folgen Künstler aus Ungarn und im Dezember aus Tschechien. Im Frühjahr 2005 soll die Reihe fortgesetzt werden. Mit zusätzlichen Workshops will die GuS überdies die Zusammenarbeit unter Künstlern aus NRW fördern, wie Waldo Riedl vom Dortmunder „Domicil“ erläutert.

Ferner schließt das Trio ein Wachstum der GuS nicht aus. „Wir fänden es klasse, wenn sich die Gemeinschaft vergrößern würde“, sagt Michalke. Die neuen Partner müssten vor allem an ihrer Professionalität gemessen werden. Allerdings ist die Kooperation vorerst bis Sommer 2005 gesichert. Ob es danach weiter geht, hängt von den Entscheidungen des WDR und der Kunststiftung ab. Beide Institutionen lobten aber bereits das Spielstätten-Ensemble. Und Bernd Hoffmann, Jazz-Redakteur beim WDR, jubelte: „Die Zusammenarbeit hat bisher sehr gut funktioniert.“ THOMAS SPOLERT