Hammer und Sichel erlaubt

Rot-Weiß Essen nimmt das Stadionverbot für DDR-Symbole beim Zweitliga-Spiel gegen Cottbus zurück. RWE-Präsident und SPD-Politiker Hempelmann distanziert sich von den Verbotsplänen

VON MARTIN TEIGELER

Die harte Linie gegen Ostalgiker hat Fußball-Zweitligist Rot-Weiß Essen keine 24 Stunden durchgehalten. Wegen der heftigen öffentlichen Kritik hat RWE das geplante Stadionverbot für DDR-Symbole beim Sonntagsspiel gegen Energie Cottbus wieder aufgehoben. „Wer unbedingt mit DDR-Fahne oder Trikot ins Stadion will, kann das tun“, sagte RWE-Präsident Rolf Hempelmann zur taz. Hempelmann distanzierte sich von den Verbotsplänen des RWE-Sicherheitsbeauftragten: „Hätte ich das vorher gelesen, wäre das so nicht rausgegangen.“

Hempelmann ist zugleich SPD-Bundestagsabgeordneter. Schon deshalb war der Vereinsboss gestern bestrebt, die Hammer-und-Sichel-Debatte aus der aktuellen Politdiskussion um die Lebensverhältnisse in West und Ost rauszuhalten (siehe land tag). Gemeinsam mit dem Cottbuser Präsidenten verbreitete Hempelmann in einer Pressemitteilung, dass „entstandene Irritationen in gutem Einvernehmen ausgeräumt“ seien.

Am Dienstag hatte der Essener Fußballverein dagegen noch eine kompromisslose Linie gegen DDR-Nostalgiker angekündigt. Fahnen und Symbole seien beim Punktspiel gegen den Club aus Brandenburg verboten, hatte ein RWE-Sprecher mitgeteilt. Dies sei die Konsequenz aus den Erfahrungen mit den Heimspielen gegen Erzgebirge Aue und Rot-Weiß Erfurt. Die Spiele seien von Fans „als Bühne für politische Angriffe“ genutzt worden. Politische Angriffe? Das Georg-Melches-Stadion an der Hafenstraße als Bühne für Polit-Provokateure? „Es ist da zu verbalen Dingen gekommen“, sagte RWE-Präsident Hempelmann auf Nachfrage. Fans der Ost-Teams Aue und Erfurt hätte Sprechchöre „nach diesem Ossi-Wessi-Schema“ angestimmt.

Der Essener Polizei weiß dagegen nichts von politischen Aktionen bei den letzten Spielen gegen Ost-Mannschaften. Gestern kritisierten die Ordnungshüter die zwischenzeitlichen Verbotspläne des Vereins. „Diese Verlautbarung war aus Sicht der Polizei überflüssig und kann die Sicherheit rund um das Spiel negativ beeinflussen“, teilte die Polizei mit. Sowohl die Polizei Cottbus als auch die Polizei in Essen hätten bisher keine Hinweise auf Auseinandersetzungen vor dem Hintergrund dieser Thematik.

Auch die Fans reagierten verständnislos auf den Vorstoß aus Essen. Im RWE-Internetforum machten sich die Anhänger gestern über die eigenen Vereinsoberen lustig. „Da werde ich am Sonntag wohl mal mein CCCP-Shirt anziehen müssen. Vielleicht ist das auch verboten“, spottete ein Fan. Ein anderer RWE-Supporter kündigte an, am Sonntag aus Solidarität mit den Cottbuser Fans ein „oliv grünes Shirt mit einem Pekingstern“ zu tragen.

Ostdeutsche Zeitungen nahmen den RWE-Plan dagegen ernst und leitartikelten gegen die Besser-Wessis. „Die Bedenken und unbegründeten Ängste in Essen machen deutlich, wie zerrissen unser Land noch immer oder schon wieder ist“, gab die Lausitzer Rundschau zu Bedenken. Der Berliner Kurier grollte: „Der Wessi an sich – manchmal knallt er vollkommen durch.“

Bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) zeigten sich die Verantwortlichen erleichtert über das schnelle Ende des Streits. Fans könnten im Retro-Look ins Stadion gehen, so DFL-Sprecher Tom Bender. Politische Forderungen seien jedoch tabu in der Bundesliga, sagt Bender. Transparente wie „Israel raus aus Palästina!“ wolle man nicht sehen.