Mehr Mitsprache bei Moneten

Das Interesse vieler Kölner Bürger, bei der Haushaltsplanung der Stadt ein Wort mitzureden, wächst. Parteienvertreter diskutieren während eines Symposiums mögliche Vorteile eines „Bürgerhaushalts“

Von Thomas Spolert

Der Haushalt ist für viele ein Buch mit sieben Siegeln. Selbst Ratsmitglieder blicken durch dieses voluminöse, hunderte Seiten umfassende Zahlenwerk nicht immer durch. Doch was als langweilige Zahlenkolonnen daher kommt, ist in Wirklichkeit spannende Lektüre. Denn der Etat ist immer auch ein Abbild politischer Ziele und Planungen.

Daran sollen künftig in Köln auch die Bürger beteiligt werden. Deshalb hat im Juli 2004 der Rat mit großer Mehrheit die Stadtverwaltung beauftragt, ein öffentliches Symposium „Kommunaler Bürgerhaushalt für Köln“ vorzubereiten. Wie die einzelnen Parteien die Themen Bürgerhaushalt und Bürgerbeteiligung sehen, diskutierten am Montag Abend im Bürgerzentrum Ehrenfeld Vertreter von CDU, FDP, Grüne, PDS und SPD.

Während in Köln der Bürgerhaushalt noch in den Kinderschuhen steckt, ist er anderswo schon längst erprobt. Im Jahr 2000 startete bereits das „Projekt kommunaler Bürgerhaushalt NRW“. Sechs Gemeinden des Landes legten ihren Bürgern einen kompakten und vereinfachten Haushaltsentwurf vor. Diese hatten innerhalb eines Monats Zeit, Änderungsvorschläge per Post oder Internet einzureichen. Abschließend wurden alle Vorschläge im Rahmen einer Großveranstaltung diskutiert. Dann verabschiedete der Rat den Etat.

„Die meisten dieser Städte wollen mit dem Bürgerhaushalt weitermachen“, berichtete Gerhard Banner während der Veranstaltung im Bürgerzentrum Ehrenfeld. Der Finanzexperte hatte die Idee des Bürgerhaushaltes Mitte der 90er Jahre in Neuseeland kennen gelernt. Nun sei der Beweis erbracht, dass eine Beteiligung der Bürger an der Haushaltsplanung auch hier möglich sei. „Ich bin sicher, dass der Bürgerhaushalt Standard wird“, gab sich Banner optimistisch.

Vor 2007 wird es damit in Köln aber nichts. Denn bereits im November wird der Doppelhaushalt für 2005/2006 in den Rat eingebracht – nach Ansicht der CDU und der Grünen zu wenig Zeit für ein Beteiligungsverfahren. Fraktionschefin Barbara Moritz (Grüne): „Wir wollen einen Bürgerhaushalt, aber er muss gut vorbereitet sein.“ Schließlich sei das Handling in Großstädten anders als in kleinen Orten.

SPD-Amtskollege Martin Börschel kritisierte, dass mit dem Doppelhaushalt die Bürgerbeteiligung auf die lange Bank geschoben werde. Während alle Parteienvertreter die Transparenz und die Kommunikation mit den Bürgern als Vorteile des Bürgerhaushaltes sehen, ist Manfred Wolf (FDP) nicht begeistert. „Es besteht die Gefahr, dass nur Partikularinteressen vertreten werden“, machte Wolf aus seiner ablehnenden Haltung keinen Hehl. Außerdem seien die Kosten eines solchen Verfahrens, die er auf rund 1,3 Million Euro schätzte, viel zu hoch. Doch nicht nur bei der Haushaltsplanung wollen Bürger mitreden. Ob Internetforum zur Umgestaltung der Ringe, Bürgerbeteiligung zum Rahmenplan Ehrenfeld/Müngersdorf/Braunsfeld oder das Mediationsverfahren zur Weidenpescher Rennbahn – das Interesse an Teilhabe ist groß.

„Die Bürgerbeteiligung an politischer Planung insgesamt erlebt seit Mitte der 90er Jahre in Deutschland eine Renaissance“, erklärte die Referentin Ursula Mölders. Dabei sei es wichtig, die Bürger frühzeitig in die Planungsprozesse einzubeziehen. „So können Konflikte früh aufgedeckt und Zeit bei der Planung gespart werden“, hob Mölders hervor. Eine Beteiligung sei aber nur sinnvoll, wenn es überhaupt Verhandlungsspielraum gebe.

Das sieht auch SPD-Mann Börschel so. Die Weidenpescher Rennbahn sei dafür ein negatives Beispiel. „Hier gibt es offenbar keine Spielräume mehr“, sagte er. Die Politik müsse dann aber den Mut haben, zu sagen, was sie will. Man müsse die Bürgerbeteiligung auf größere Projekte, etwa auf die Entwicklung der rechtsrheinischen Industriebrache, konzentrieren, schlug Barbara Moritz (Grüne) vor. „Die Bürger haben einen Anspruch darauf“, betonte Moritz. Jörg Detjen von der PDS forderte, die Bürger auch bei komplizierten Finanzgeschäften wie das Public Private Partnership (PPP) zu beteiligen.

„Heute wurden trotz Wahlkampf keine Fensterreden gehalten“, zeigte sich Mitveranstalter Wolfgang Uellenberg-van Dawen zufrieden. Die entscheidenden Fragen kämen nach Ansicht des Kölner DGB-Chefs aber erst, wenn die Beteiligung am Bürgerhaushalt tatsächlich starte.