Kölner Verkehr hinterm Mond

Die „Europäische Woche der Mobilität“ verläuft in Köln sang- und klanglos. Während andere Städte Straßen sperren, werden hier lediglich 1.500 Grundschüler angesprochen

KÖLN taz ■ Äußerst dürftig fallen auch in diesem Jahr die Kölner Aktionen zur „Europäischen Woche der Mobilität“ aus. „Wir sind enttäuscht“, sagt der Verkehrsclub Deutschland (VCD). „Das ist viel zu wenig“, jammern auch die Grünen. In Deutschland beteiligen sich von heute bis zum 22. September ungefähr 60 Kommunen an der europaweiten Aktion, die Bewusstsein für umweltfreundliche Mobilität schaffen soll. Viele Städte glänzen mit spektakulären Veranstaltungen. So unternehmen die Kieler Ratsleute eine Radsternfahrt mit interessierten Bürgern und bieten die ganze Woche über Informationsveranstaltungen, Erlebnistage und Fahrradflohmärkte an.

In Köln ruft nur die KVB dazu auf, das Auto doch mal stehen zu lassen und sich in Bus und Bahn zu setzen. Wer drauf hört und Glück hat, bekommt am 22. September eines der Gratisfrühstücke zum Mitnehmen, die die KVB an 20 Punkten in der Stadt verteilt. Außerdem werben die Verkehrsbetriebe mit Schnupper-Abos und bieten während der Mobilitätswoche ein preiswerteres Wochenticket an.

Die Stadt selbst beteiligt sich an der Mobilitätswoche zwar auch, aber nicht gerade öffentlichkeitswirksam. Die Viertklässler der Kölner Grundschulen sollen zu mehr Umweltbewusstsein im Verkehrsverhalten angeregt werden. Mit einem Preiswettbewerb will das Amt für Straßen- und Verkehrstechnik gemeinsam mit der AOK die Grundschüler dazu bringen, den Schulweg lieber per Fahrrad oder zu Fuß zurückzulegen, statt auf dem Rücksitz des elterlichen Autos. „1.500 Schüler machen mit“, vermeldet das Amt stolz. Eine ziemlich magere Zielgruppe in einer Millionenstadt wie Köln.

Einen autofreien Tag wird es in Köln dieses Jahr auch wieder nicht geben. Innerhalb der Mobilitätswoche rufen überall in Europa Kommunen ihre Bürger dazu auf, am 22. September nicht Auto zu fahren. In Freiburg werden Straßen in der Innenstadt gesperrt. Andere Städte weichen dafür auf das Wochenende aus. So beispielsweise München. Hier findet jedes Jahr Anfang September ein großes Straßenfest auf den beiden verkehrsreichen innerstädtischen Straßen Leopold- und Ludwigstraße statt – autofrei. „Das könnte man in Köln auch mal machen“, heißt es vage aus dem Amt für Straßen- und Verkehrstechnik. Dabei werden aber jede Menge Schwierigkeiten gesehen. Auch finanzielle.

„Das ist keine finanzielle Frage, sondern eine ideologische“, entgegnet dem Manfred Waddey, grünes Ratsmitglied. Er zeigt sich frustriert von den erfolglosen Versuchen seiner Partei, die Mobilitätswoche auch in Köln breiter in die Öffentlichkeit zu tragen. Zu viele Interessen stünden dem entgegen. Kein Wunder in einer Stadt, in der im Rat vertretene Parteien mit den Slogans „Mehr Tempo“ oder „Mehr Parkplätze“ um Wählerstimmen buhlen. CHRISTIANE MARTIN