Off-Kino
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

„Jules und Jim“, 17. 9. im Arsenal 2

Es mache ihn ganz krank, wenn immer alle singen, er gehe viel lieber ins Kino – singt einer der Automechaniker-Kollegen des Filmhelden Guy (Nino Castelnuovo) gleich zu Beginn. Eigentlich ist er da bei Jacques Demy völlig an der falschen Adresse, arbeitet der französische Regisseur in „Die Regenschirme von Cherbourg“ doch heftigst an der Verschmelzung von Film und Musik zum Gesamtkunstwerk. War „Lola“ (1961) noch ein Musical ohne Musik, wie Demy einmal meinte, so lässt sich „Die Regenschirme von Cherbourg“ wohl am besten als Musikfilm ohne Musical charakterisieren. Denn gesungen werden keine Lieder, sondern – eher einer modernen Filmoper entsprechend – die Alltagsdialoge (Musik: Michel Legrand). Theatral sind auch die Dekors und die extravaganten, beißenden Farben, die hier das Unglück der Protagonisten beleuchten. Denn das junge Glück von Guy und seiner Freundin Geneviève (Catherine Deneuve) übersteht Trennung und Missverständnisse nicht: Die einst gemeinsamen Träume kann am Ende nur jeder für sich verwirklichen.

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„Der Golem, wie er in die Welt kam“, 19. 9. im Filmkunsthaus Babylon 1

Die Bauten des berühmten Architekten Hans Poelzig – der Regisseur Edgar Ulmer erlaubte sich später einen Scherz mit ihm, als er den von Boris Karloff verkörperten modernen Architekten und Satanisten in dem Horrorfilm „The Black Cat“ Poelzig nannte – stehen im Mittelpunkt des Stummfilmdramas „Der Golem, wie er in die Welt kam“ von Paul Wegener und Carl Boese. Für das mittelalterliche Prager Judenghetto schuf Poelzig eine Szenerie drangvoller Enge: Schmale Gässchen durchziehen das mit einer hohen Mauer umgebene Ghetto mit seinen steil aufragenden, vollkommen windschiefen Häusern und schaffen eine Atmosphäre der Beklemmung. Der Plot des Films kreist um die Erschaffung eines künstlichen Wesens aus Lehm durch den Rabbi Loew (Albert Steinrück), das den Juden von Prag gegen die Bedrohung durch den Kaiser helfen soll. Doch das Verhalten der Kreatur erweist sich – wie später bei Frankensteins Monster – als unvorhersehbar, und die Sache endet in einer Katastrophe. Nicht nur das Motiv der Schaffung künstlichen Lebens an sich, auch die Darstellung des Geschöpfes durch Paul Wegener diente dem amerikanischen Horrorfilm der 30er als eine wichtige Inspirationsquelle.

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„Les Parapluies de Cherbourg“, 19. 9. im Arsenal 2, 21. 9. im Arsenal 1

Am Anfang vergleicht sie noch jemand mit einer kalten griechischen Statue – dabei hat Catherine (Jeanne Moreau) eigentlich so gar nichts Lebloses an sich. Vielmehr verdankt sie es ihrer Aufgekratztheit, dass sich der Deutsche Jules (Oskar Werner) und der Franzose Jim (Henri Serre) gleichzeitig in sie verlieben. Dass Catherine Jules als Gatten erwählt, führt allerdings nicht zu Streit zwischen den Männern, sondern zu einer Eifersucht Catherines auf deren Freundschaft, die sich als stärker erweist als die Liebe zur Femme fatale. Schließlich heißt die ungewöhnliche Dreiecksgeschichte, die François Truffaut 1960 nach einem Roman von Henri-Pierre Roché in Szene setzte, ja auch „Jules und Jim“ und nicht etwa „Jules und Catherine“. LARS PENNING