Flexible Arbeitszeiten, neue Stellen

Bei seiner Einführung 2001 war es vor allem bei den Gewerkschaften umstritten: Das „5.000 mal 5.000“-Modell von Volkswagen. Doch jetzt zeigt eine Auswertung: Die Firma brachte tatsächlich mehr als 2.500 Arbeitslose in Lohn und Brot

aus Hannover JÜRGEN VOGES

„5.000 mal 5.000“ funktioniert: Ein Jahr nach der Gründung der VW-Tochter „Auto 5.000 GmbH“ zieht die Sozialwissenschaft eine überaus positive erste Bilanz des neuen Tarifmodells: Das Modell habe in Wolfsburg aus ehemals Arbeitslosen die rund 3.000 Produzenten des erfolgreichen VW-Modells Touran gemacht. In einer gestern veröffentlichten Begleitstudie zu „5.000 mal 5.000“ kommt ein Wissenschaftlerteam unter der Leitung des Göttinger Soziologieprofessors Michael Schumann zu dem Schluss, dass das wichtigste Ziel des Projektes erreicht wurde: Nämlich „Arbeitslose und Langzeitarbeitslose in großer Zahl in Normalarbeitsverhältnisse zu integrieren“.

3.500 neue Jobs schafft VW im Rahmen des Projektes, 43.000 Menschen hatten sich per Internet auf die Stellen beworben. Sie arbeiten flexibler und je nach Auftragslage zeitweise auch mehr als ihre Kollegen, die nach Tarifvertrag eingestellt wurden. Auch die Bezahlung kann leicht unter Tarif liegen. Gegenwärtig sind 2.920 Stellen fest besetzt.

Die Göttinger Soziologen fanden heraus, dass Volkswagen bei Auto 5.000 GmbH tatsächlich bislang fast ausschließlich Arbeitslose eingestellt hat. 9 von 10 Leuten, die den Touran produziert, waren vorher ohne Job. Auch von den restlichen 11 Prozent, die aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis zu VW wechselten, „standen viele wegen angekündigter Betriebsschließungen kurz vor dem Verlust ihres Jobs“, heißt es in der Zwischenbilanz. Selbst die Betriebsingenieure waren noch zu 65 Prozent vor ihrem Wechsel zur VW 5.000 GmbH arbeitslos.

Sogar Schumann haben diese Zahlen überrascht: „Am Anfang hat doch niemand geglaubt, dass VW seine Ankündigungen wahr machen kann.“ Dass tatsächlich genügend Bewerber mit den von VW gesuchten Qualifikationen gefunden wurden, zeigt für den Soziologen „welche Fähigkeiten, welches Potenzial in den Arbeitslosen steckt“. Für Schumann steht daher fest: „Mit einem gezielt organisierten Vermittlungsprozess und einer entsprechenden Qualifizierung kann man auch die 800.000 anderen offenen Stellen besetzen, die es nach Angaben der Wirtschaft in Deutschland geben soll.“

Erstaunt hat den Göttinger Forscher auch, dass von den 3.780 Bewerbern, die das Auswahlverfahren bestanden hatten, dann nur 134 das anschließendeJob-Training abbrachen oder es erst gar nicht antraten. In der Qualifizierung habe es kaum noch einen Selektionsprozess gegeben, meint Schumann.

Aus soziologischer Sicht ordnet er die überdurchschnittlich qualifizierten Beschäftigten der VW 5.000 GmbH einem neuartigen Arbeitnehmertypus zu: „Sie bringen sich voll in ihre Arbeit ein und behalten sich zugleich eine gewisse Distanz vor.“ Als ehemalige Arbeitslosen brächten sie gestiegene gesellschaftliche Sensibilität mit. Ein ausdrücklicher Anspruch auf selbstverantwortliches Handeln paare sich mit der Fähigkeit zur Kritik an Ungerechtigkeit oder auch überflüssigen Vorschriften. „Pflegeleicht“ seien die neuen VW-Beschäftigten keineswegs.