„Mit pazifistischen Mitteln kämpfen“

Schirin Ebadi wurde in Paris vom Nobelpreis überrascht. Bei einer Pressekonferenz lehnte sie ausländische Einmischung im Iran ab

PARIS taz ■ Schirin Ebadi war am Flughafen, um von Paris nach Teheran zurückzufliegen, als sie die Nachricht erhielt. Jemand rief sie an und sagte: „Schalte das Radio ein, du wirst deinen eigenen Namen hören.“ Bis dahin wusste die Juristin nicht einmal, dass sie für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen war. Ein paar Stunden später sitzt Ebadi wieder mitten in Paris. „Heute ist ein großer Tag in meinem Leben“, sagt sie, „dieser Preis ist eine Ermunterung für mich und für alle, die für die Demokratie und die Menschenrechte und für eine gute Zukunft des Iran kämpfen. Er bedeutet auch, dass eine Muslimin von einer anderen Welt träumen kann.“

In den Tagen vor der Preisverleihung hat Schirin Ebadi in Paris versucht, mit französischen und internationalen Vertreten über die Situation im Iran zu sprechen. Es war schwer für sie und ihre kleine Delegation, darunter auch der Präsident der iranischen Menschenrechtsliga (LDDHI), Karim Lahidji, Gehör zu finden. Aber gestern Mittag drängt sich die komplette Weltpresse um die dezent geschminkte kleine Frau, die eine schwarze Hose, eine schwarze Jacke und – als einzigen Schmuck – einen Fingerring mit Türkis trägt. Ebadi genießt mit einem ganz leichten Lächeln den Applaus. Nimmt die Blumensträuße entgegen und kommt dann sofort zur Sache. „Wenn in einem Land die Menschenrechte mit den Füßen getreten werden, hat das nichts mit dem Islam zu tun“, sagt sie. Dass die Rechte der Frauen im Iran gestärkt werden müssen. Dass die iranische Gesellschaft ihre Probleme allein lösen wird. Und dass sie keine ausländische Intervention wünscht. Weil in den Nachbarländern Afghanistan und Irak, wo die USA intervenierten, die Menschenrechtslage ebenfalls katastrophal ist. „Dieser Preis“, sagt Ebadi, „hat auch noch einen weiteren Sinn: Die Zeit der Kriege und der Revolutionen ist vorbei. Es geht um den Kampf mit pazifistischen Mitteln für die Evolution der Gesellschaften.“

Die iranischen Exilanten in Paris sind außer sich vor Freude. Der frühere iranische Regierungschef Abol Hassan Bani Sadr, dessen Vater mit der Familie der Preisträgerin befreundet ist, nennt die Entscheidung aus Oslo einen „schweren Schlag für die Mullahs“ und ein „ermunterndes Zeichen für alle iranischen Demokraten“. Für die Liga demokratischer iranischer Frauen spricht Ladan Halter von einer „Anerkennung für alle Frauen, die unter sehr harten Bedingungen kämpfen“. Ebadi sei „öfter als Konformistin kritisiert worden, weil sie ein Kopftuch trägt. Aber ohne kann sie nicht für die Menschenrechte arbeiten.“ DOROTHEA HAHN