Ende eines Friedensplans

Israels Ministerpräsident Scharon legt Roadmap zu den Akten. Keine Aussicht auf weitere Konzessionen durch Israel. Köhler begrüßt Rückzug aus dem Gaza-Streifen

JERUSALEM/BERLIN ap/taz ■ Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon hat sich offen vom letzten Nahost-Friedensplan losgesagt. In einem Interview mit der Jerusalemer Zeitung Jediot Ahronot erklärte er gestern, Israel habe nicht mehr die Absicht, der so genannten Roadmap zu folgen. Nach dem von ihm für 2005 angekündigten Rückzug aus dem Gaza-Streifen und der Räumung vier kleiner Siedlungen im Westjordanland werde möglicherweise „lange Zeit nichts mehr passieren“.

Bundespräsident Köhler hat unterdessen in einem Grußtelegramm zum jüdischen Neujahrsfest an Israels Staatspräsidenten Mosche Katzav den geplanten israelischen Rückzug aus dem Gaza-Streifen begrüßt.

Die von der US-Regierung im vergangenen Jahr vorgelegte Roadmap sah die Errichtung eines palästinensischen Staates bis Ende 2005 vor. US-Regierungsvertreter hatten wiederholt erklärt, dass damit die israelische Besetzung im Westjordanland und Gaza-Streifen beendet werden müsse. Den Unterschied zum Oppositionspolitiker Amram Mizna, der ebenfalls einen Rückzug aus dem Gaza-Streifen vorgeschlagen hatte, erklärte Scharon so: „Mizna schlug vor, mit der Evakuierung in Nezarim zu beginnen und dann Siedlungen wie in der Roadmap vorgesehen zu räumen. Das hätte Israel in eine äußerst schwierige Lage gebracht. Ich stimme dem nicht zu, und auch heute folgen wir nicht der Roadmap.“

Die Roadmap war ein Friedensplan, der nach dem Scheitern des Osloer Friedensprozesses entstand. Das Scheitern von „Oslo“ war bislang zumeist den Palästinensern, namentlich ihrem Präsidenten Jassir Arafat angelastet worden. Laut einem jüngst in den USA erschienenen Buch verweisen neue Dokumente jedoch darauf, dass nicht Arafat die Fortführung der Gespräche blockierte, der damalige US-Präsident Bill Clinton jedoch vom damaligen israelischen Ministerpräsidenten Ehud Barak unter Druck gesetzt wurde, den Palästinensern die Schuld in die Schuhe zu schieben.

Unterdessen gehen die Kämpfe im Westjordanland weiter: Bei einem Feuergefecht wurden gestern nach palästinensischen Angaben sieben Palästinenser erschossen, darunter ein Kind.

meinung und diskussion SEITE 11