CDU: „Freunde Scherf und Nußbaum“ sollen aktiv werden

CDU war in Klausur, findet sich gut und die SPD zu wenig aktiv: Scherf soll sich um Kanzlerbrief kümmern, aber dalli, „sonst wird’s dramatisch“

Bremen taz ■ Bürgermeister Henning Scherf soll sich endlich um die Einlösung des so genannten Kanzlerbriefs kümmern – das ist die zentrale Forderung der Bremer CDU, die gestern Nachmittag die Ergebnisse ihrer zweitägigen Klausur in Visselhövede bekannt gab.

„14 Stunden netto“ habe man getagt, so CDU-Landesvorsitzender Bernd Neumann, nochmal die Wahl besprochen und sich Ziele für die Legislaturperiode vorgenommen. Zu allererst gehe es darum, „Bremens Überlebensfähigkeit zu sichern“. Hier spielt die Einlösung des Kanzlerbriefs, die Zusage von Gerhard Schröder, für Bremens Zustimmen zur Steuerreform im Bundesrat die daraus folgenden Mindereinnahmen auszugleichen, die entscheidende Rolle. Neumann: „Im nächsten halben Jahr müssen die Freunde Scherf und Nußbaum Ergebnisse vorlegen, sonst wird’s dramatisch.“ Und CDU-Fraktionsvorsitzender Kastendiek sekundierte: „Wenn es tatsächlich so ist, dass in der Vergangenheit nichts getan wurde, dann frage ich mich, warum in den letzten 100 Tagen nichts passiert ist.“ Auch die Bremer Bundestagsabgeordneten müssten sich hinter diese Forderung stellen, schoss Kastendiek gegen den SPD-Bundestagsabgeordneten Volker Kröning, der „kritiklos die Position von Hans Eichel vertritt“, nicht aber die bremischen Interessen: „Hier erwarte ich Loyalität und Solidarität.“ Bernd Neumann erklärte, Henning Scherf sei „erster Garant für die Erfüllung des Kanzlerbriefs“ Und im Hinblick auf Scherfs für 2005 angekündigten Abschied aus dem Rathaus sagte er: „Ich gehe davon aus, dass er erst geht, wenn er seine Hausaufgaben erledigt hat.“ Sprich: die 500 Millionen, die der Kanzlerbrief wert sein soll, eingetrieben hat.

Zweites großes Thema der Legislaturperiode werde Bildung sein. Hier gelte es, die Regelungen des Koalitionsvertrages umzusetzen, wobei es einige „strittige Punkte“ gebe, so Jörg Kastendiek. Der aktuellste: die Kopftuchfrage. Hier habe sich Lemke zwar anfangs hoffnungsvoll verhalten – im CDU-Sinne einer Initiative zum Kopftuch-Verbot –, aber „auf der Kultusministerkonferenz ist er zurückgerudert“, so der CDU-Frontmann. Der Bildungssenator solle jetzt klar äußern, „ansonsten werden wir eine Gesetzesinitiative starten“.

In der politischen Arbeit ist die CDU mit sich zufrieden, im Umgang mit dem Wahlvolk offenbar nicht ganz so sehr. „Wir sind zu wenig in die Wohnzimmer der Leue gekommen“, analysierte Neumann die Wahlverluste, in einem „sehr detaillierten Papier“ seien jetzt Schritte festgehalten, wie das anders werden soll: In der Partei soll das Instrument der Mitgliederbefragung auch in Sachfragen eingeführt werden, Nicht-Mitglieder sollen in den Parteigremien Rederecht bekommen, und die CDU will sich „mehr als bisher in bestehende Netzwerke integrieren.“

Nichtsdestotrotz sei man „relativ stolz“ auf den Mitgliederzuwachs, den die Bremer CDU verzeichnet: 308 Neuzugänge waren es 2002, angesichts einer Werbekampagne in der ersten Hälfte dieses Jahres bereits 250 – derzeit zählt die CDU im Land Bremen rund 3.800 Mitglieder. Susanne Gieffers