Zaungast im OP

Maximale Aufmerksamkeit, minimales Risiko: RTL ist der eigentliche Gewinner der gezeigten Brustvergrößerung

Die 21-jährige Studentin Michaela lag in der Nacht zu Mittwoch auf einem Operationstisch und hatte offensichtlich Angst. Michaela hatte sich bereit erklärt, sich im Fernsehen vor laufender Kamera Silikonimplantate in die Brüste operieren zu lassen – live übertragen von RTL.

In der Wirtschaft spricht man gern von einer Win-win-Situation, wenn es so aussieht, als ob alle von einem Geschäft profitieren würden. Und am späten Dienstagabend sah es tatsächlich so aus, als ob alle gewinnen würden. Der operierende Arzt bekam sehr viel Aufmerksamkeit für sein Handwerk, RTL ein Programm-Highlight, ein Millionenpublikum und diverse Bild-Zeitungs-Schlagzeilen. Und Michaela? Sie bekam zwei neue Brüste, bezahlte die Operation aber angeblich selbst und erhielt laut RTL kein Honorar für ihren Auftritt. Außerdem trug sie sämtliche Risiken allein.

Und die sind, wie auch in der Sendung immer wieder betont wurde, bei einer Operation groß, so groß, dass es für einen TV-Sender teuer wäre, sie zu versichern. Der Kölner Versicherungsmakler Caninenberg & Schouten, der nach eigener Auskunft auch sämtliche Versicherungen für die laufende „BigBrother“-Staffel auf RTL 2 besorgte, nennt die Prämien für solche Shows „nicht günstig“. Über konkrete Zahlen dürfe man nicht reden, nicht einmal darüber, wie groß deren Anteil an den Produktionskosten sei. Auf eine Brust-OP allerdings, wie sie beinahe auch mal auf eine der „Big Brother“-Kandidatinnen zugekommen wäre, sei man nicht scharf: „Es ist unheimlich schwer, so was zu bezahlbaren Prämien zu platzieren.“

RTL indes konnte sich auch dieses Geld komplett sparen: Offiziell nämlich hatte der Sender mit Michaela gar nichts zu tun. Sie wurde zwar ausgefragt, gefilmt und vermarktet – aber, so eine RTL-Sprecherin, „es besteht keine juristische Verpflichtung gegenüber der Frau. Wir waren nur zu Gast bei der OP.“ Schließlich habe der Sender den Vertrag mit dem operierenden Arzt geschlossen und der wiederum hatte Michaela besorgt. Der Sender habe weder auf die Wahl der Patientin noch auf die Art der Operation einen Einfluss gehabt, so RTL: „Wir wollten das auch gar nicht.“ Und auch der Operateur, ein Facharzt für plastische Chirurgie, musste sich um die Risiken nicht sorgen. Er hat eine Berufshaftpflichtversicherung und hatte mit RTL für den „Komplikationsfall“ vorab ein Zeichen vereinbart, woraufhin schnell zu Birgit Schrowange ins Studio geschaltet worden wäre.

Und warum hat Michaela, die auf keinen Fall wollte, dass ihr Nachname bekannt wird, dabei mitgemacht? Sie habe „aufklären“ wollen, heißt es. Bei RTL sagt man: „Sie hatte eine Mission.“KAI BIERMANN