Bali gedenkt der Anschlagsopfer

Indonesiens Präsidentin Megawati bleibt Gedenkfeier demonstrativ fern und überlässt sie Australiens Premier Howard

BANGKOK taz ■ Ein Jahr nach den verheerenden Bombenanschlägen auf der indonesischen Ferieninsel Bali haben gestern dort mehr als 2.000 Menschen der Opfer gedacht. „Wir haben euch nicht vergessen und werden es auch niemals tun“, sagte der australische Premier John Howard während der Trauerfeier in Kuta. Wie er waren eigens für die Gedenkstunde mehrere hundert Angehörige der Opfer aus 22 Ländern nach Bali gereist. Auch in Australien wurde landesweit der Anschlagsopfer gedacht. In der Nacht zum 12. Oktober 2002 waren vor den Touristenlokalen „Sari Club“ und „Paddy’s Bar“ zwei schwere Sprengsätze detoniert. 202 Menschen starben, darunter 88 Australier.

„Es war ein schweres Jahr für mich“, sagte die Australierin Angela Dark, deren Bruder bei den Attentaten getötet wurde. „Es ist so niederschmetternd, mit anzusehen, wie viele Menschen ihr Leben verloren haben“, klagte auch Lincoln Filimaua, der den Tod seiner Schwester betrauert. Hinter den Anschlägen vermuten Ermittler das radikal-islamistische Terrornetzwerk Jemaah Islamiyah (JI).

Da Australien die meisten Opfer zu beklagen hatte, organisierte es auch die Trauerfeier. Kritiker monieren, dass Indonesiens Präsidentin Megawati Sukarnoputri der gestrigen Veranstaltung fern blieb. Sie zog es vor, in Jakarta ihren algerischen Amtskollegen Abdel Aziz Bouteflika zu treffen. Ihre demonstrative Abwesenheit suggerierte somit fälschlicherweise, dass der Bali-Trauerakt eine vorwiegend ausländische Angelegenheit sei. Die Regierungschefin versäumte damit, ein Zeichen der Solidarität mit den Opfern aus dem eigenen Land zu setzen. Denn bei den Anschlägen waren auch 38 Indonesier getötet worden.

Fatalerweise könnte Megawatis Verhalten dazu beitragen, ihre gern an Verschwörungen glaubenden Landsleute in dem Irrglauben zu bestärken, dass Indonesiens Terrorproblem keineswegs hausgemacht, sondern ein vom US-Geheimdienst CIA künstlich geschürter Konflikt sei. Bemüht, das Glaubwürdigkeitsproblem der Regierung herunterzuspielen, versprach Indonesiens Sicherheitsminister Susilo Bambang Yudhoyono auf der Trauerfeier eine intensive Suche nach den immer noch flüchtigen Mittätern: „Irren Sie sich nicht, wir werden Sie jagen.“

Mehr als 30 Verdächtige wurden inzwischen im Zusammenhang mit den Bali-Anschlägen verhaftet, drei der Hauptangeklagten bereits zum Tode verurteilt. Eines aber räumen die markigen Worte des Sicherheitsministers und alle Fahndungserfolge nicht aus: Die Unfähigkeit der Regierung, grundsätzlich mit dem Terror fertig zu werden. Balis Polizeichef, I Made Mangku Pastika, warnte bereits vor weiteren Attentaten.

Aus Angst vor dem Verlust wichtiger Wählerstimmen scheut sich Megawati weiterhin, die militante Jemaah Islamiyah auch Landsleuten gegenüber öffentlich als die für die Bali-Attentate verantwortliche Terrororganisation zu benennen. Dieses Versäumnis dürfte die mehrheitlich hinduistischen Balinesen zutiefst treffen. Hinzu kommt, dass sich die vom Tourismus so abhängige Wirtschaft der Insel bis heute von den Anschlägen noch nicht vollständig erholt hat: Im ersten Halbjahr 2003 zählte die Ferieninsel noch 20 Prozent weniger ausländische Besucher als im gleichen Zeitraum 2002. NICOLA GLASS