kölner parteien im kommunalwahlkampf – heute: die spd
: Zwei Newcomer empfehlen sich für den Wiederaufbau

Jochen Ott ist der strahlende Sunnyboy der Kölschen Sozialdemokratie. Der junge Lehrer bastelt kräftig an der eigenen Politkarriere, und jetzt zieht er mit dem Fraktionschef Martin Börschel gemeinsam in den Wahlkampf. Die beiden propagieren den Neuanfang der Kölner SPD – und der ist auch dringend nötig. Denn nach dem Müll- und Spendenskandal wollen die Genossen den Blick nach vorne richten, auch wenn viele Details noch immer nicht aufgeklärt sind. Aber Ott und Börschel haben es verstanden, sich bei der öffentlichen Abwicklung der Skandale in Szene zu setzen und gleichzeitig für den Wiederaufbau zu empfehlen.

Man mag es kaum glauben, dass der unglaubliche Heugel-Absturz der Kölner SPD erst fünf Jahre her ist. Viele derjenigen, die damals gewählt wurden, sind inzwischen wegen der nächsten Affäre zurück getreten. Umso wichtiger wird es für den politischen Nachwuchs, jetzt wieder die Konsolidierungsphase einzuläuten. Dass dabei eine absolute Mehrheit für die SPD wenig wahrscheinlich ist, weiß natürlich auch das neue Spitzenteam. Deshalb flirteten sie zeitweise mit der FDP, und sie schielten rüber zu den Grünen. Die haben nach Meinung von Ott viele ihrer Gründungsideen über Bord geworfen. „Schwarz-Grün ist eine Gefahr für unsere Stadt“, stichelt der SPD-Vorsitzende. Sein wichtigstes Ziel ist, dass die SPD nun zumindest stärkste Fraktion wird. Und wer dann mit wem zusammen geht, ist dem Pragmatiker Ott offenbar weniger wichtig.

Im Wahlkampf hat die Partei deshalb nicht gekleckert, sondern geklotzt. Kaum eine Straßenlaterne wurde von den Plakaten der smarten Newcomer verschont. Herz, Verstand, Kompetenz und Klarheit sind die Schlagworte, die einem da entgegen springen. Diese Werbetafeln symbolisieren den inhaltsarmen Kommunalwahlkampf ums Kölner Rathaus.

Überhaupt hatte die SPD in der Vergangenheit nur wenige echte Themen gesetzt. Intensiv hatte sie gegen den Verkauf der städtischen GAG-Wohnungsanteile gekämpft – aber das haben andere auch. Im Kampf gegen Hallennutzungsgebühren für Sportvereine argumentierte sie volksnah, während ihr Engagement gegen minderjährige Intensivstraftäter nicht alle SPD-Anhänger nachvollziehen mochten. Immer wieder prangerte die SPD im Rat vor allem Kürzungen im Sozialbereich und Fehler der Ratsmehrheit und des Oberbürgermeisters an. Aber Fraktionschef Börschel blieb dabei oft staatsmännisch zurückhaltend, obwohl die jeweilige Mehrheit fast alle SPD-Vorschläge brüsk abbügelte.

Nun haben die Sozialdemokraten auf ihrer Kölner Liste eine Menge neuer Gesichter. Von ihnen hat man zum Teil bisher wenig gehört. Das kann auch ein gutes Zeichen sein. Sie könnten frischen Wind in den Rat bringen und vielleicht noch nicht so gierig auf Pöstchen sein wie viele ihrer Vorgänger. Doch die Fraktion wird eine Schonzeit brauchen – schließlich sind in der Stadtverwaltung noch nicht alle über Jahrzehnte gewachsenen Strukturen aufgebrochen. Und neue müssen erst gefunden werden. Für Börschel und Ott wird die Wahl sicher zur innerparteilichen Nagelprobe werden. Schaffen sie den Aufschwung, dürften sie gefeiert werden. Wenn sie verlieren, drohen sich die Genossen in neue innerparteiliche Kämpfe zu verstricken. Frank Überall