Kommerz kickt Breitensportler von der Wiese

Für Großveranstaltungen im Müngersdorfer Stadion werden auch die angrenzenden Jahnwiesen gesperrt. Kölner Freizeitfußballer verlieren so ihren Stammplatz zum Spielen. Sie wünschen sich eine bessere Informationspolitik

Köln taz ■ Der Bundeskanzler hält eine Rede, Nena singt und Johannes B. Kerner führt durchs Programm. Der Kaufhof hatte viel Prominenz und 20.000 Mitarbeiter zum 125. Geburtstag eingeladen. Ort des Spektakels: das Fußballstadion in Köln-Müngersdorf. Und die Jahnwiese. Ein lapidares Schild wies an jenem Tag Mitte August darauf hin, dass die Hobbysportler, die hier trainieren, wegen einer Großveranstaltung zwei Wochen lang auf der Wiese nicht spielen können.

„Das war der Auftakt für eine regelmäßige Nutzung der Jahnwiese für solche Art Events“, befürchtet Rudolf Capelli von der Initiative „Jahnwiese für alle“, die die Bunte Liga als Nutzerin der Jahnwiese letztes Jahr gründete. Er sieht den „Breitensport“ auf der Jahnwiese in Gefahr.

Das ganze Jahr über trainieren hier private Sportgruppen und Vereine. „Die Auslastung ist weitaus höher als die errechnete Nutzungserwartung“, sagt Dieter Sanden, Leiter des städtischen Sportamtes. Ihm liegt der Breitensport am Herzen, er sieht sich aber aus wirtschaftlichen Erwägungen in der Zwickmühle. Die Stadt Köln hat großes Interesse daran, dass das Stadion kostendeckend bewirtschaftet wird. Denn die Sportstätten GmbH als Betreiberin des Stadions gehört der Stadt zu 100 Prozent.

Ohne die Wiesen lässt sich aber das Stadion nur schwer für Großveranstaltungen vermarkten. Deshalb werden laut Sportamt entsprechende Genehmigungen auch in Zukunft erteilt. „Es ist mit jährlich fünf bis zehn Großveranstaltungen, die auch die Jahnwiese betreffen, zu rechnen“, sagt Sanden. Wer als Verein diese ansonsten hervorragend geeigneten Spielstätten rund um das Stadion nutze, müsse dieses Handicap in Kauf nehmen.

Generell hat Capelli von der Initiative „Jahnwiese für alle“ dafür Verständnis. „Wir sperren uns ja gar nicht gegen Veranstaltungen auf der Jahnwiese“, sagt er. Es sei beispielsweise völlig klar, dass während der Fußballweltmeisterschaft die Jahnwiese auch anderweitig genutzt würde. Er wünscht sich allerdings eine bessere Informationspolitik. „Wir wollen rechtzeitig Bescheid wissen, wenn die Jahnwiese gesperrt ist“, sagt auch Angelika Arns, Geschäftsführerin des Sportclubs Borussia Lindenthal-Hohenlind. Eine schriftliche Ankündigung des Kaufhof-Geburtstages hätten beide Vereine entgegen der Darstellung des Sportamts nicht bekommen.

„Wir informieren die Vereine rechtzeitig, wenn die Stadionwiesen gesperrt werden müssen“, behauptet Sanden. Er hält auch den von der Bunten Liga geforderten Runden Tisch für überflüssig. „Es hat keinen Sinn, die Hobbysportler in die Entscheidung, ob eine Großveranstaltung stattfindet oder nicht, einzubeziehen“, sagt er. Die Einwirkungsmöglichkeiten seien angesichts der wirtschaftlichen Prioritäten gleich Null.

Immerhin will Sanden dafür kämpfen, dass die Stadt die Herrschaft über die Jahnwiese behält. Immer mal wieder bekunde die Sportstätten GmbH Interesse am Erwerb. „Im Moment ist das Thema vom Tisch, aber man weiß nie, für wie lange“, mutmaßt Sanden und bestätigt damit den Verdacht der Initiative „Jahnwiese für alle“. „Wir werden die Sportstätten GmbH und ihr Interesse an der Jahnwiese weiterhin kritisch beobachten“, kündigt Capelli an. Christiane Martin