Der neue Trend: Strip dich fit!

Der Striptease wird gesellschaftsfähig: Als Mischung aus Aerobic und Strip respektive Gogo. „Dance ‘n Strip“ und „Coyote“ wurden in Hamburg entwickelt, jetzt rollen sie auf die Republik zu - und an Bremen vorbei?

Du tanzt Salsa? Lächerlich! Jazz-Dance? Nein, wie niedlich! Diese ewig Vorgestrigen. Denn, liebe Tanzsportbegeisterten, da rollt etwas Großes auf uns zu. Männer dieser Stadt, zieht euch warm an, denn die Frauen ziehen sich aus, zumindest könnte man das vermuten: “Dance n Strip“ heißt die neue Tanzwelle, die von Hamburg aus möglicherweise nach Bremen schwappt.

Vorbei scheinen die Zeiten, in denen Striptease und Gogo-Dance mit dunklen, einschlägig bekannten Clubs in Straßen mit vorwiegend roten Farben verbunden wurde. Vorbei die Zeit, in der Striptease als vulgär galt, eine Zeit, in der dicke, schwitzende Männer jungen Frauen Geldscheine in die Schlüpfer steckten. Der Striptease wird nun gesellschaftsfähig und erobert das seriöse, bürgerliche Leben.

Freilich in etwas modifizierter Form und mit einigen Schönheitskorrekturen. Vor allem: Als ob der Trend seinen Benennung Lügen strafen wollte, zieht man sich bei „Dance n Strip“ keineswegs aus. Umso wichtiger sind die entsprechenden Bewegungen, kombiniert mit Aerobic und Tanz. Das alles wurde von der Tanzpädagogin Hannah Nele Brückmann für die Hamburger Kaifu-Lodge entwickelt, traditionell ein Kreativzentrum für die Entwicklung neuer Tänze. Trainerin Brückmann hat höchstselbst sechs Jahre im Dollhouse an der Hamburger Reeperbahn als Tänzerin gearbeitet. Und kann somit die „Echtheit“ der Moves garantieren.

Becken und Hintern müssen kreisen vor und zurück, laszive Körperwellen und geschmeidige Bewegungen vereinen sich zu einer Aura unwiderstehlicher Ausdruckskraft, wie Trainerin Nele Brückmann erläutert: „Die Bewegungen beim Striptease sind weich und rund, die Hände streicheln den Körper. Und das Wichtigste ist natürlich die Hüfte.“

Etliche TeilnehmerInnen der Brückmann‘schen Kurse müssen sich zu solch ungewohnten Bewegungen erst überwinden. „Für viele ist das ein völlig neues Körperbewusstsein und Körpergefühl“, erklärt die Trainerin den psychologischen Mehrwert des neuen Tanzgenres. Ganz nebenbei macht „Dance n Strip“ natürlich auch noch fit: Die traditionellen weiblichen „Problemzonen“ Bauch, Beine, Po werden trainiert, aber auch der Rest-Körper ruht nicht: Der Choreographie-Baustein Aerobic ist unter fachkundigen Sportlerinnen berühmt und berüchtigt als anstrengender und effizienter Fat-Burner.

Der „Dance n Strip“-Trend kommt ursprünglich, wie wäre es auch anders zu erwarten, aus den USA. Aber: „Es gab da keine authentischen Striptease-Bewegungen und außerdem zu viel Aerobic. Ein bisschen wedeln mit der Federboa sollte den Striptease vortäuschen“, so Brückmann. Der Erfolg und Zulauf zu ihre eigenen Kreation in der Hamburger Kaifu-Lodge war so groß, dass Nele Brückmann kürzlich “Dance n Strip Hamburg“ gründete, um den Tanz den Fitness-Trainern dieser Republik zu lehren. Dort werden sie sich in den nächsten Wochen und Monaten fortbilden und den Trend in die Studios von Düsseldorf bis München exportieren.

Und Bremen? Die hiesigen Tanzstudios verhalten sich noch ein wenig zurückhaltend. Dabei verfügen sie über einen veritablen Informationsvorsprung: Vor wenigen Wochenwurde im Sportzentrum der Universität auf der “Lifestyle für Fitness“ erstmals „Dance n Strip“ einem größeren Fachpublikum vorgestellt. Trotzdem: Die Bremer Tanzstudios wollen nicht so richtig - zu „anrüchig“ heißt es, und: „RTL II-Niveau“.

Also setzen sie weiter auf HipHop, dem Trendtanz des letzten Jahren, des vorletzten und des vorvorletzten. Die eine oder andere Mutter musste auch dort schon bestürzt feststellen, dass ihre 15-jährige Tochter im HipHop-Kurs eindeutig zweideutige Bewegungen performte. „ Derweil macht sich vor Bremens Toren ein Trendstau bemerkbar: “Dance n Strip“ ist noch gar nicht richtig angekommen, da wartet schon auf ihren Einzug: Der „Coyote Dance“, ebenfalls ein Produkt der Tanzschmiede Brückmann. Hier wiederum handelt es sich um eine Mischung aus Aerobic und Gogo-Dance - den Unterschied zum Strip erklärt die Trainerin so: „Gogo-Dance soll zum Tanzen animieren, die Bewegungen sind im Gegensatz zum Striptease viel härter, mehr nach außen gerichtet und weniger erotisch. Es geht um die Bewegung auf kleinstem Raum, sei es an der Stange, in einem Käfig oder auf dem Tresen.“

Ist doch auch attraktiv. Obendrein winken echte Auftrittschancen: Jeden Freitag, nach dem regulären Training, findet ein Casting für einen Auftritt in St. Pauli statt - noch am selben Abend. So schnell kann es gehen. Eben noch im Studio, und schon auf unserem Tresen. Bleibt nur noch der - in Bremen seit geraumer Zeit häufig zu hörende - Satz: Gerade in Hinblick auf die Bewerbung zur Kulturhauptstadt Europas sollte die Stadt Engagement zeigen. Angesichts des bisherigen Versagens der privatwirtschaftlichen Tanzstudios darf die öffentliche Hand keine Mühe scheuen, mit „Strip‘n Dance“ sowie „Coyote“ Bremens metropolitanen Puls zu beschleunigen. Anregungen gibt es unter www.strip-dich-fit.de

ANNA POSTELS