Es geht auch anders …

25 Jahre ufaFabrik Berlin: Während früher alle aus einer Kasse lebten, gibt es heute individuelle Einkommen und eigene Zimmer. Das gemeinschaftliche Wohnen wurde trotzdem nicht aufgegeben

VON SIGRID NIEMER

Im Sommer 1979 hatten die zukünftigen ufaFabrik-Bewohner genug geträumt und nahmen an einem sonnigen Tag das ehemalige Berliner UFA-Filmgelände friedlich wieder in Betrieb. Sie wollten einen interdisziplinären Ort der Begegnung schaffen, eine lebendige, menschenfreundliche Oase, einen Ort für Kreativität, für künstlerische, gesellschaftliche und ökologische Schaffensprozesse.

Was einmal mit einer gemeinsamen Kasse und einem einzigen Telefon begann, hat sich in 25 Jahren zu einer differenzierten wirtschaftlichen Struktur entwickelt. Unter dem Dach des ufaFabrik e. V. arbeiten heute über zehn verschiedene rechtliche Strukturen an ihren jeweiligen Aufgaben, wie das Internationales Kulturcentrum, das Nachbarschaftszentrum NUSZ mit dem Kinderbauernhof, Café Olé, Biobäckerei und Laden, ufaCircus und Circusschule, Gästehaus und die ökologischen Projekte. Von Anfang an wurde das Projekt getragen von der Idee, zusammen zu leben, zu arbeiten und sich gemeinsam künstlerisch auszudrücken.

Was macht eine Kommune aus? Originalton aus der „Fabrikzeitung“ von 1980, in der die damaligen Bewohner der ufaFabrik ihr Leben in der Gemeinschaft beschrieben: „Alle leben aus einer gemeinsamen Kasse, dies ist eine wichtige Voraussetzung. Da kommt alles rein, was wir erarbeiten, ob Handwerk, Veranstaltungen, egal … Wir haben keine Taschengeldregelung, weil wir glauben, dass schadet der Kommunikation unter uns. Wenn einer etwas braucht, dann sagt er das, damit fertig. Verschwendet einer Geld, was er im Vertrauen vom Kassenwart bekommen hat, so fällt das schnell auf, und dann reden wir auf unserem Plenum mal da drüber.“

Sicher, seit dieser Zeit hat sich vieles geändert, es gibt heute eigene Zimmer, Küchen, Badezimmer, persönlich definierte Einkommen, aber im Kern stimmt diese Aussage noch immer: Herz und wichtige treibende Kraft der ufaFabrik bilden die zirka 30 Menschen, die auf dem Gelände leben und arbeiten.

Und ohne das totale Zusammenrücken und Experimentieren in den ersten Jahren gäbe es heute keine ufaFabrik. Tatsächlich haben die Bewohner die ersten sechs Jahre auf persönliches Einkommen verzichtet, jeglicher gemeinsamer Gewinn wurde sofort investiert. Zuerst wurden die Räume instand gesetzt, die für Arbeit und Besucher wichtig waren: das Café Olé, der große Veranstaltungssaal, die Vollkornbäckerei, die Trainingsräume. Nebenbei und viel später kamen die privaten Räume an die Reihe, die Gemeinschaftsküche, ein Badezimmer, der Gemeinschaftsraum fürs Plenum, Spielzimmer für die Kinder und einzelne Zimmer und Wohnbereiche.

Ein entscheidender Wendepunkt für das gemeinschaftliche Leben bildete der Umbau im Jahr 1990. Über sechs Jahre lang wurde diskutiert und geplant, wurden Finanzpläne aufgestellt und Fördermittel beantragt. Wie stellten sich die Kommunarden ihr zukünftiges gemeinsames Leben vor? Viele hatten nach den Jahren des engen Zusammenlebens klare Bedürfnisse nach mehr Privatheit: Ein eigenes Zimmer in der Nähe der Familie und besten Freunde, kleine Küchen für die Zwischenmahlzeiten, mehr Bäder für weniger Benutzer. Alle waren sich einig über eine große schöne Gemeinschaftsküche für das tägliche Miteinander, für das Mittagessen und Festtage.

Schließlich wurde der Umbau realisiert, und seither gibt es auf dem Gelände eine klare Trennung zwischen öffentlich genutztem und privatem Raum und damit auch öffentlichem und privatem Umgang. Die große Küche ist bis heute das eigentliche Zentrum der hier Wohnenden geblieben. Das tägliche gemeinsame Mittagessen gibt Bewohnern und Mitarbeitern Gelegenheit, sich zu treffen, zu sehen, sich auszutauschen und zu verabreden.

Ein Geheimnis des langjährigen Bestehens als Gemeinschaft ist sicherlich die Fähigkeit, selbst gesteckte Ziele und Prinzipien des gemeinsamen Wohnens immer wieder zu überprüfen und gegebenenfalls zu verändern. Das Zusammenleben heute folgt anderen Regeln als vor 25 Jahren. Entscheidend für uns ist, wir leben immer noch zusammen, und arbeiten mit vereinten Kräften am Erfolg des Gesamtkunstwerkes ufaFabrik.

Die Autorin ist langjähriges Mitglied der ufaFabrik