Konsum im Kontext

Das Buch „Zur Lage der Welt – Die Welt des Konsums 2004“ liefert eine Fülle von Informationen und Analysen

„Immer mehr und immer billiger“ ist das Gesetz des weltweiten Kapitalismus. Während sich politische Proteste früher fast ausschließlich gegen Großkonzerne und Institutionen wie den IWF richteten, steht inzwischen auch der Konsument im Blickfeld. Kaufen als Lustgewinn – darin spiegelt sich nicht allein die Manipulation der Werbeabteilungen, sondern millionenfache individuelle Entscheidung.

Die Ignoranz gegenüber den Herstellungsbedingungen ist eine wichtige Voraussetzung für den stetig steigenden Absatz – der mit wachsendem Druck auf Arbeitskräfte und Umwelt einhergeht. Stichwort: Geiz ist geil. Zugleich gilt der Appell, aus sozialen oder ökologischen Erwägungen auf irgendetwas grundsätzlich zu verzichten, heutzutage als politisch höchst antiquiert.

In diesem Spannungsfeld bewegt sich das sehr lesenswerte Buch: „Zur Lage der Welt. Die Welt des Konsums 2004“, das vom Worldwatch Institute herausgegeben wurde. Zum einen liefert es eine Fülle von Informationen zu konkreten Produkten wie Plastiktüten, Kaffee, Limonade, Mobiltelefonen oder Baumwoll-T-Shirts. Dabei füllen die Autoren den Begriff „Nachhaltigkeit“ ganz im Sinne des Gipfels von Johannesburg sowohl mit sozialen als auch ökologischen Aspekten. In vielen Fällen wird deutlich, dass menschenwürdige Arbeitsbedingungen mit umweltfreundlicher Produktion einhergehen. So auch im fairen Handel: Weil die Produzenten sicher sein können, dass sie ihre Felder in einigen Jahren weiterhin bestellen werden, bewirtschaften sie sie entsprechend sorgfältig und vorsichtig. Auch das Recycling von Elektrogeräten ist sowohl sozial- als auch umweltpolitisch sinnvoll: Es schafft Arbeit und schont Rohstoffe. Und warum sollten Kommunen nicht Ausleihstationen einrichten für Geräte wie Bohrer oder Rasenmäher, die Privatleute nur gelegentlich brauchen?

Zugleich liefert das Buch aber auch Analysen und Fakten zur weltweiten Konsumentengemeinschaft, zu der etwa 27 Prozent der Menschheit gezählt werden – neben den Europäern, US-Amerikanern und Japanern sind das inzwischen auch 240 Millionen Chinesen und 120 Millionen Inder. Ihre Werte und ihr Verhalten hat einen enormen Einfluss auf das Angebot – und auf die Wünsche und Sehnsüchte der Menschen, die (noch) nicht dazugehören. ANNETTE JENSEN

Worldwatch Institute (Hg.): Zur Lage der Welt – Die Welt des Konsums 2004. Münster 2004, 350 Seiten, 19,90 €, ISBN 3-89691-570-3