Drohgebärde soll Tempo machen

Wissenschaftssenator Dräger will den Einfluss der ZVS beschneiden und setzt jetzt Berlin unter Druck. Hamburger Hochschulen nutzen Auswahlrecht bei Studierenden nicht

Bernhard Scheer gibt sich gelassen. „Das haben Sachsen und Baden-Württemberg auch schon angedroht“, sagt der Sprecher der Zentrale zur Vergabe von Studienplätzen (ZVS) in Dortmund über das Ultimatum von Hamburgs Wissenschaftssenator Jörg Dräger, aus dem System auszusteigen. „Dräger hat die Bundesregierung damit dringlich aufgefordert, die Reformvorschläge der Länder zur Studienplatzvergabe endlich in ein Gesetz zu gießen“, sagt Scheer und fügt hinzu: „Die Reform wollen alle Länder aber mit der ZVS verwirklichen.“

Das bestätigt auch Drägers Sprecherin Sabine Neumann: „Ziel ist die Reform der ZVS“, erklärt sie. Um die Novelle voranzutreiben, hatte der Senator am Wochenende angedroht, den 30 Jahre alten Staatsvertrag der Länder über die Vergabe von Studienplätzen aufzukündigen. Selbst wenn es zur Kündigung kommt, werde es einen neuen Vertrag geben, erwartet ZVS-Sprecher Scheer: „Das Bundesverfassungsgericht hat zu einer einheitlichen Regelung ermahnt.“

Hamburgs Wissenschaftssenator verlangt von Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD), bis Ende des Jahres einen verbindlichen Zeitplan für die Reform vorzulegen. „Wenn der nicht kommt, steigen wir aus“, kündigt Sprecherin Neumann an. Der Senator setze darauf, dass weitere Länder dem Beispiel der Hansestadt folgen und „dann Bewegung in die Situation kommt“.

Und so sieht die Lage aus: Die ZVS vergibt in Hamburg wie in den anderen Bundesländern ein Fünftel aller Studienplätze. Die Kultusminister hatten sich im Frühjahr geeinigt, künftig zwei Modelle der Platzvergabe durch die ZVS zuzulassen. Die Länder müssen sich dabei jedoch auf eines festlegen. Entweder haben die Hochschulen großen Einfluss und vergeben die Hälfte ihrer Plätze an ausgewählte Abiturienten, den Rest verteilt die ZVS. Oder aber die Schüler haben die Wahl. Dann sollen die Besten eines Abiturjahrgangs Anrecht auf ein Viertel aller Studienplätze haben, ein weiteres Viertel verteilen die Hochschulen selbst an geprüfte Bewerber, während Dortmund die übrigen 50 Prozent vergibt. Der Bundesrat hat die Initiative verabschiedet, es gab aber noch keine Lesung im Bundestag. Drägers Sprecherin Neumann beklagt: „Der Bund verzögert die Initiative.“

Hamburgs parteiloser Senator will den Hochschulen so viel Einfluss wie möglich auf die Wahl ihrer Studierenden geben. „Mit 50 Prozent Selbstauswahlrecht können wir leben“, sagt Neumann. „Mehr wäre besser.“

Dabei dürfen die Hamburger Hochschulen bereits ein knappes Viertel der ZVS-Studienplätze selbst vergeben, machen davon aber keinen Gebrauch. „Hamburg nutzt dieses Selbstauswahlrecht nicht“, sagt Scheer. Drägers Forderung nach mehr Einfluss auf die Auswahl der Studierenden findet er deshalb „zwiespältig“. Behördensprecherin Neumann erklärt: „Der Verwaltungsaufwand für diese geringe Auswahlquote von 24 Prozent ist im Verhältnis zum Ergebnis viel zu hoch.“ EVA WEIKERT