Rent a Möllring

Eine China-Reise von Niedersachsens Finanzminister wirft Fragen auf: Hat sich Möllring beeinflussbar gemacht, als er sich eine China-Reise von einem Mittelständler mit CDU-Parteibuch bezahlen ließ?

VON KAI SCHÖNEBERG

Hartmut Möllring versteht die Welt nicht mehr: „Überhaupt nicht als Skandal geeignet“, empfindet Niedersachsens Finanzminister die Vorwürfe, die derzeit zu Hause auf ihn wegen seiner China-Reise einprasseln. „So“, sagt Möllring am Telefon und wirkt schon fast patzig, „und jetzt gehe ich erst mal auf Kosten von Funke Essen – oder soll ich das bezahlen?“.

Fragen über Fragen wirft derzeit Möllrings Vier-Tage-Trip nach Changhzou am Yangzte-Delta auf. Der Minister hat sich nämlich die Reise von „Funke Heat Exchanger“ bezahlen lassen, einen Betrag im mittleren vierstelligen Bereich. Zweck ist die Einweihung einer neuen Produktionsstätte der Firma, die im niedersächsischen Gronau Wärmetauscher herstellt. Möllring sieht sich als Türöffner für einen Mittelständler aus seiner Heimatregion, als Repräsentant Niedersachsens in Fernost. Er habe es als eine „charmante Sache“ empfunden, Für und Wider des Ausflugs wegen der Kosten gar nicht erst groß abwägen zu müssen, sagt Möllring. Ein Gratis-Trip, der die Landeskasse nicht belastet, passt auch zu seinem Image als Sparkommissar.

Dagegen wittert die Opposition, der Minister könne sich durch die Gefälligkeit zumindest beeinflussbar in Entscheidungen über Funke gemacht haben. Entweder war die Reise dienstlich notwendig, lautet die Argumentation – dann hätte sie das Land auch bezahlen müssen. Oder sie nützt Niedersachsen nichts – dann hätte der Minister sie auch nicht in seiner Dienstzeit unternehmen dürfen. Staatskanzlei und Finanzministerium finden alles völlig in Ordnung. Möllring hätte vorsichtiger sein müssen, sagt dagegen ein hochrangiger Koalitionär: „Da kann sich ja jeder mit ein bisschen Geld in der Tasche seinen Minister mieten – rent a Möllring oder so.“

„Was soll ich jemals noch mit der Firma zu tun haben?“ fragt Möllring zerknirscht. Für ihn selbst bringe der Ausflug bis auf die enormen Reisestrapazen wenig: Als „Privatmann Möllring“, sagt der Minister, „habe ich keinen Cent gewonnen und keinen Cent verloren“. Heute Abend kehrt er zurück.

Die Grünen sehen das Ministergesetz verletzt, die SPD hat in der Causa Möllring den Landtag eingeschaltet. Per parlamentarischer Anfrage will sie wissen, ob Funke die CDU „finanziell gefördert oder in anderer Weise unterstützt“ hat. „Wie will die Landesregierung gewährleisten, dass das einladende Unternehmen die Reise des Finanzministers nicht steuerlich geltend macht?“, fragen die Sozialdemokraten. Die „Ersparnis“ durch die Firmeneinladung sei dann dahin.

Außerdem will die SPD genauer die Beziehungen Möllrings zum Firmenboss ergründen. Dass der langjährige Geschäftsführer Karl-Heinz Funke von 1968 bis 1980 für die CDU im Stadtrat von Gronau saß und sein Enkel Jan-Christoph derzeit die dortige Junge Union anführt, riecht für einige nach einem Gefallen zwischen Parteifreunden. Möllring ist zudem Bezirkschef der Hildesheimer Christdemokraten, der Firmensitz liegt allerdings nicht in seinem Wahlkreis. Möllring betont, er habe Funke erst vor zwei Jahren kennengelernt, „ich wusste bis gestern nicht, dass er Parteimitglied ist“. Und: Er habe sich in sechs Ministerjahren nie etwas zuschulden kommen lassen. Wirklich? Ganz schön viel Aufruhr hatte es gegeben, als er sich 2007 nach einem „Phantom“-Jetflug einen „Jugendtraum“ erfüllt haben wollte – auch eine „günstige Mitfluggelegenheit“, witzelt jetzt die SPD.

Die Nachrichtenlage aus Deutschland hat den Besuch jedenfalls gründlich verhagelt: „Die Chinesen verstehen nicht, was los ist“, sagt Möllring. Und weiter: „Die Deutschen sind pikiert.“