vorlauf
: Hagelsturm und Schneegestöber

„Die Gefangenen“

20.15 Uhr, ZDF

Ach, Guido. Du kannst es nicht lassen. Da recherchieren deine Mainzelmänner vom Lerchenberg am Polarkreis, bis ihnen der Griffel am Notizblock festfriert. Da finden sie Bilder über das grausame Schicksal deutscher Kriegsgefangener, die eindringlicher kaum sein könnten. Da frickelt ihr, du und dein Stab, das Ganze mühevoll zu einem fünfteiligen Lehrstück zusammen. Und dann: der ewig gleiche Sermon, Robert De Niro düster wie stets aus dem Off und eine Zeitzeugenbatterie auf schwarzem Grund zum musikalischen Pathos von Peter Richter.

„Die Gefangenen“ heißt deine neueste Geschichtsklitterung, und sie wird wieder ein Quotenhit, bestimmt. So richtig schlimm kann man es nicht finden. Teilinformierte Ignoranten sind immer noch besser als schlecht informierte Revisionisten. Andererseits ist das wie die Wahl zwischen Hagelschauern und Schneegestöber.

Man mag deine Einseitigkeit gar nicht mehr so richtig laut beklagen; das haben doch alle schon mal irgendwie, irgendwo, irgendwann getan. Aber Knoppers, das Abendbrötchen, setzt dem geschichtsfernen Publikum eben seit Jahren zur Primetime … doch wie gesagt: das hatten wir schon.

Und so auch diesmal: Ein Veteran berichtet im Film, wie gegessen wurde, was nicht niet- und nagelfest war. Bis zu jenem 7. Oktober 1955, als in Friedland die letzten Spätheimkehrer aus den Zügen quollen. „Kein Ereignis der deutschen Geschichte brachte so viel Freude und so viel Trauer“, raunt dazu Rolf Schult, der gar nicht aussieht wie Robert De Niro.

In jenen Herbsttagen war das, was der Philosoph Hermann Lübbe „deutschen Sündenstolz“ nennt, noch ungeboren; da war Deutschsein, Armsein, Abgewetztsein, Geschlagensein. Ein guter Einstieg in spätere Exkulpationsoffensiven der Marke Knopp.

Und jetzt betätigt sich das ZDF auch noch als „Bitte melde dich“ nach dem Vorbild des Roten Kreuzes. Helfen will es, Schicksale von bis heute vermissten 1,5 Millionen Soldaten zu klären. Vielleicht demnächst bei „Die Hinterbliebenen“. Von Knopp – natürlich. Denn der … aber mit der Litanei wollten wir ja aufhören. JAN FREITAG