Union kippelt auf der Kita-Novelle

In den Ländern findet die Union das geplante Kitagesetz unseriös – und will die bessere Kinderbetreuung stoppen. Im Bundestag aber befürwortet die CDU/CSU das Gesetz

BERLIN taz ■ Es könnte alles so schön werden: Jedes fünfte Kind unter drei Jahren hätte ab 2010 einen Betreuungsplatz. Zwar ohne Rechtsanspruch, den die Grünen einst gefordert hatten, aber immerhin: Wenigstens die am stärksten belasteten Eltern wüssten den Nachwuchs fachgerecht untergebracht. Nun aber ist ungewiss, ob die Kita-Novelle überhaupt je gültig werden wird. Am nächsten Freitag debattiert der Bundesrat, ob er dem „Tagesbetreuungsausbaugesetz“ zustimmen wird. Jetzt haben mehrere unionsgeführte Bundesländer verkündet, sie würden das Gesetz ablehnen.

„Gaukelpolitik“ schimpft etwa Bayerns Sozialministerin Christa Stewens (CSU) das Vorhaben: Familienministerin Renate Schmidt „operiert mit Geldern, die sie nicht hat“. Dank Hartz IV sollen die Kommunen 2,5 Milliarden Euro pro Jahr einsparen. 1,5 Milliarden könnten sie dann in neue Betreuungsangebote investieren. „Unseriös“ findet Stewens diese Rechnung. Auch Baden-Württemberg, Niedersachsen, Hessen und Hamburg haben angekündigt, gegen das Kitagesetz zu stimmen.

Überdies sind die Unionsländer verstimmt, dass sich der Bund überhaupt in die Kinderbetreuung einmischt. Für diesen Bereich seien allein die Kommunen zuständig, findet etwa Karl Franz vom Sozialministerium in Stuttgart. Das Verfassungsgerichtsurteil zur Juniorprofessur habe es gezeigt: „Wir sind gerade in einer Phase, in der wir fein säuberlich Bund-Länder-Kompetenzen trennen.“ Eine Position, die ganz im Unionstrend liegt: In der Förderalismuskommission plädiert die Union dafür, dass die Länder für Jugendhilfe verantwortlich sein sollen.

Unterdessen will die Bundesunion linker sein als die SPD. Das geplante Gesetz „greift inhaltlich zu kurz“, sagte Maria Böhmer, Vizechefin der Unions-Bundestagsfraktion, der taz. Schließlich garantiere es nur drei Elterngruppen einen Kitaplatz: Alleinerziehenden, Doppelverdienern und Eltern behinderter Kinder. Das sei zu wenig, meint Böhmer. Gerade in bildungsfernen Schichten bleibe die Mutter oft zu Haus. Damit habe sie zwar Zeit, aber nicht unbedingt auch die Fähigkeit, den Nachwuchs zu erziehen: „Gerade für diese Kinder wäre eine qualitativ gute Erziehung und Betreuung in einer Einrichtung besonders förderlich.“ Bei aller Kritik beteuert Böhmer: „Über die im Gesetzentwurf genannten Ziele besserer Erziehung und Betreuung für unsere Kinder gibt es keinen Streit.“ Zu beschämend erscheint ihr die Statistik, die besagt: Nur etwa 3 Prozent der westdeutschen Kinder finden Platz in einer Krippe.

Gegenvorschläge, woher denn das viele Geld für die kleine Kinder herkommen soll, hat allerdings auch die Union nicht parat. Noch beschränkt sich Fraktionsvize Maria Böhmer auf Appelle an die Vernunft: „Auch Länder und Kommunen sollten ihre Prioriäten überprüfen. Statt in schicke Straßenlampen sollte man besser in die Köpfe der Kinder investieren.“ COSIMA SCHMITT

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