Bayer zurück im Büro

Mainz, Madrid, Nürnberg. Bayer Leverkusen lebt in zwei Welten – und spielt in der Unterwelt 2:2 gegen den „Club“

LEVERKUSEN taz ■ Warum sollte bei Fußballprofis anders sein, was bei Angestellten im Büro und Arbeitern am Fließband üblich ist? Jeder kann das doch irgendwie nachvollziehen: Man kommt zurück aus dem Urlaub und denkt immer noch an die, sagen wir, leuchtenden Lavendelfelder der Provence. In der frischen Erinnerung schillern die Farben noch bunt und schrill. Und dann folgt wieder ein grauer Arbeitstag dem anderen.

So mag es auch den Profis unter dem Bayer-Kreuz gegangen sein beim glücklichen 2:2 gegen Nürnberg am Samstag. Zu präsent waren vielleicht noch die Gedanken an die Kombinationen und Tore gegen Real Madrid beim 3:0-Europacup-Erfolg unter der Woche. Und dann kommt mit dem 1. FC Nürnberg ein Aufsteiger in die BayArena. Nichts gegen die Franken, die eine wirklich gute Leistung boten und rannten und kämpften und eigentlich den Sieg verdienten. Doch im Vergleich zu den Farbklecksen Ronaldo, Figo und Beckham verkörpern Namen wie Cantaluppi, Vittek und Mintal nun einmal fußballerisch, um mit Loriot zu sprechen, eher ein Steingrau oder Aschgrau. Maximal ein freches Mausgrau.

Während Spieler wie Kapitän Carsten Ramelow ein wenig um Verständnis baten und auf das Positive, nämlich die beiden Tore zum Schluss, hinwiesen, fand Torhüter Jörg Butt, der von einer „katastrophalen Leistung“ sprach, als einziger deutliche Worte: „Die Motivation ist einfach höher, wenn man gegen Real Madrid oder Bayern München spielt, aber das darf bei unseren Zielen keine Rolle spielen.“ Wenn sie wieder in die Champions League kommen oder gar um die Meisterschaft spielen wollten, dann „muss in die Köpfe rein, dass wir nicht nur gegen die ganz Großen gewinnen, sondern auch die Pflichtsiege einfahren müssen“, so Butt. Um den hohen Ansprüchen gerecht zu werden, „müssen wir in der Lage sein, einen Aufsteiger wie Nürnberg permanent unter Druck zu setzen.“ Bereits beim 0:2 in Mainz hatten sie das nicht bewiesen.

Bayer-Trainer Klaus Augenthaler vertrat die gleiche Ansicht, nur wählte er einen etwas moderateren Ton. „Die Saison dauert ein ganzes Jahr“, sagte der Coach in beinahe herbergeresker Diktion, „Bayern München und Real waren nur zweimal 90 Minuten“. Noch Mittwoch hatte Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser von einer „großen Mannschaft“ gesprochen, aber dazu fehlt Augenthaler zufolge noch die nötige Cleverness. „Dann muss man einfach auch mal unattraktiv spielen“, so Augenthaler. Lange das zu Null halten und in der letzten Viertelstunde das Tempo erhöhen und vielleicht durch einen Standard zum Erfolg kommen. Seine Mannschaft habe gegen Nürnberg einfach so weiter spielen wollen und sei schließlich an der eigenen Geschwindigkeit gescheitert, weil diesmal die Pässe nicht angekommen waren, sagte der bayrische Grantler Augenthaler vergleichsweise milde.

Trotz des Rückschlages äußerte Augenthaler aber Optimismus. „Wir sind stark genug, die Punkte auch woanders zu holen“, sagte er. Er scheint recht froh darüber, dass in den nächsten Partien kein Aufsteiger droht. Sie müssen nacheinander zum Meister Bremen (Pokal), nach Stuttgart und nach Kiew. Erst am 2. Oktober droht mit dem Heimspiel gegen den HSV wieder grauer Alltag. ERIK EGGERS