Wohnungsexperte und Hobbyvermieter

Volker Eichener sieht die Zukunft für Immobilienbesitzer in Nordrhein-Westfalen in exklusiven Spezialangeboten für Gutverdienende. Gettoisierung zu verhindern sei dagegen Aufgabe des Staates, findet der Hobbyvermieter

Schlechte Nachrichten verkündet Volker Eichener mit einem Lächeln: „Meine Damen und Herren, ich prophezeie ihnen einen gnadenlosen Qualitätswettbewerb“, sagt der Mann mit der im Scheinwerferlicht braun glänzendem Gesichtshaut und schaut fröhlich ins Rund des Amphisaals im Dortmunder Harenberg City-Center. Die Angesprochenen, ältere, grauhaarige Herren und goldbehangene Mitsechzigerinnen, schweigen betreten.

Es ist Volker Eichener bei seiner Rede vor den Mitgliedern der Jahreshauptversammlung des Eigentümer-Interessenverbands Haus & Grund in Dortmund anzumerken, dass er sich gefällt in der Rolle des Experten, dessen Rat etwas gilt – bei den eher schwarz-gelb gesinnten Hausbesitzern ebenso wie bei der rot-grünen Bundesregierung, die er, wie er beiläufig einfließen lässt, auch schon beraten hat.

Volker Eichener, Jahrgang 1959, feiner Anzug und korrekt gebundene Krawatte, ist Wohnungsmarktexperte. Sozialwissenschaftler eigentlich, Politikprofessor an der Fachhochschule Düsseldorf, vor allem aber Leiter der Forschung im Europäischen Bildungszentrum der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Bochum. Denjenigen, die mit Immobilien ihr Geld verdienen, wirft Eichener per Beamer düstere Zahlen an die Wand: Die Bevölkerung schrumpfe, im Jahr 2015 stünden allein in Essen knapp 30.000 Wohnungen leer, der Wert von 50er-Jahre-Wohnsiedlungen oder Altbauten in der Innenstadt sinke. „Hoffnungslose Objekte sollte man abreißen“, findet Eichener. Denn: „Früher wollten alle eine Limousine, heute wollen junge Singles ein Cabrio und kinderreiche Familien einen Van“, sagt er. Genauso sei es mit Wohnungen: „Die klassische Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung ist kaum mehr zu vermieten“, sagt Eichener.

Sein Rat an Hausbesitzer: „Sie müssen mit ihrem Bau eine Story erzählen können.“ Er muss es wissen, nennt sich selbst „Hobbyvermieter“. Die Zukunft also: Schicke Lofts für urbane Jugendliche, blaue Fensterrahmen, Rasendächer und „gefühltes Öko“ für gesettelte Alt-68-Familien.

Wo die Masse an SozialhilfeempfängerInnen, MigrantInnen leben sollen, die der demografische Wandel auch produziert? „Aus dem Bestand“, sagt Eichener. Gettobildung sei sicher ein Problem, aber: „Es kann nicht sein, dass die Vermieter das Risiko für Städtebaufragen tragen dürfen.“ Die Lösung seien Gewährleistungswohnungen, in denen der Staat den Hausbesitzern Mietausfälle ersetzt, die Risikopersonen in ihrem Besitz einziehen lassen. „In Köln hat das funktioniert“, sagt Eichener.

Dortmunds Immobilienbesitzer danken dem Mann, der auch schon für die Friedrich-Ebert-Stiftung über Gerechtigkeit referiert hat, die unerwarteten Streicheleinheiten mit Applaus. Eichener lächelt und packt den Beamer ein. KLAUS JANSEN