NORDIRLAND: PROTESTANTEN-CHEF PAISLEY KANN MIT SICH ZUFRIEDEN SEIN
: Premiers als Laufburschen

Die Nordirland-Verhandlungen sind gescheitert. Der Grund: Pfarrer Ian Paisley hatte nie die Absicht, der Mehrparteienregierung in Belfast neues Leben einzuhauchen. Mit Sinn Féin, dem politischen Flügel der IRA, wollte sich der Chef der radikal-protestantischem DUP nicht mal den Raum teilen. Stattdessen machte er die Premiers Englands und Irlands zu seinen Laufburschen.

Dabei kann man Paisley nicht vorwerfen, die anderen Parteien, London oder Dublin hinters Licht geführt zu haben. Der 78-Jährige hat immer wieder erklärt, dass er das Belfaster Abkommen, das die Modalitäten für ein Regionalparlament unter Beteiligung aller Parteien regelt, zu Fall bringen will. Bei den Wahlen im vorigen Jahr bekam er das dafür notwendige Mandat. Nun kam der Vollzug.

Ärgerlich für Pailey ist höchstens, dass die IRA ihm keine Argumente mehr liefert. Bisher war es für die Unionisten, die wollen, dass Nordirland ein Teil Großbritanniens bleibt, relativ einfach, mit Hinweis auf die bewaffneten Kämpfer der Gegenseite deren politische Vertreter von einer Regierungsbeteiligung auszuschließen. Nun bietet die IRA an, die Waffen zu verschrotten und sich aufzulösen. Mehr kann man nicht verlangen – und mehr hat Sinn-Féin-Präsident Gerry Adams auch nicht zu bieten. Er und seine Leute setzen seit mindestens zehn Jahren auf politische Verhandlungen, was sie zur stärksten Partei auf katholisch-nationalistischer Seite gemacht hat.

Dahinter führt kein Weg zurück: Die IRA kann ihre Waffen nicht wieder ausgraben. Für Paisley heißt das, dass er andere Hürden aufbauen muss, um eine Regierungsbeteiligung Sinn Féins zu verhindern. So versucht er, durch die Hintertür eine unionistische Mehrheitsregierung durchzusetzen. Die hatte man bereits bis in die Siebzigerjahre. Damals entstand auch die Bürgerrechtsbewegung, deren moderate Forderungen gewalttätige Unionisten-Reaktionen auslöste, an denen Paisley nicht unbeteiligt war. Eine Rückkehr zur einer Alleinherrschaft des Pfarrers 30 Jahre und 3.000 Tote später überschreitet nicht nur die Schmerzgrenze von Sinn Féin. RALF SOTSCHECK