Einfach eine perfekte Aufsteigerin

Die neue Justizministerin in Bayern gilt als kompetent – das müssen selbst die politischen Gegner anerkennen

Sie ist die Aufsteigerin des Jahres in der CSU – so scheint es. Beim Parteitag im Juli rückte die Neu-Ulmer Oberbürgermeisterin Beate Merk als eine von vier Stellvertreterinnen des Parteivorsitzenden Edmund Stoiber in den CSU-Vorstand auf und erzielte dabei mit 89,5 Prozent der Delegiertenstimmen das beste Ergebnis aller Stellvertreter. Nur vier Monate später hat die promovierte Juristin nun den nächsten Sprung getan: Gestern Mittag wurde sie als neue Justizministerin des Freistaats Bayern vereidigt. Was aber wie ein plötzlicher und steiler Aufstieg wirkt, ergibt sich zum einen aus dem glücklichen Umstand, zur richtigen Zeit mit der richtigen Geschlechtszugehörigkeit am richtigen Ort gewesen zu sein – und zum anderen ist es die konsequente Fortsetzung einer beispielhaften Laufbahn, die Schritt für Schritt einem Lehrbuch „Karriere machen in der CSU – aber richtig“ entnommen sein könnte.

Bereits 1976 gehörte die heute 46-jährige Merk zu den Gründungsmitgliedern der Schüler-Union in ihrer Heimatstadt Göppingen (Baden-Württemberg). Nach dem Abitur studierte sie in München die für eine Parteikarriere nicht unübliche Kombination Jura und Politikwissenschaft, um sofort nach dem zweiten Staatsexamen 1984 von der CDU in die CSU überzutreten und als Referentin in der Kommunalabteilung des Bayerischen Innenministeriums anzufangen. Dort, so heißt es, fiel sie bereits dem zuständigen Staatssekretär – und heutigen Innenminister – Günther Beckstein als ungewöhnlich engagiert auf. Dass es sie ein paar Jahre später „aus Sehnsucht“, wie Beate Merk gern betont, wieder in ihre „schwäbische Heimat“ zog, ist auch keine überraschende Wendung. Auf ihrer Homepage bezeichnet sie den Wechsel ins Landratsamt nach Neu-Ulm freimütig als den „obligatorischen Außendienst“ – der nunmehr beendet ist.

Allerdings verlief der Ausflug ins bayerische Schwaben außerordentlich erfolgreich. 1995 tritt Beate Merk als OB-Kandidatin in Neu-Ulm an, einer Hochburg der SPD. Doch am Ende siegt Merk – unter merkwürdigen Umständen: Am Wahlabend lag die CSU-Bewerberin 44 Stimmen vor dem SPD-Kandidaten, bei der Nachzählung hatte ihr Konkurrent dann eine Stimme mehr. Als der CSU-Landrat eine dritte Auszählung anordnete, wurden SPD-Stimmen wegen zuvor nicht entdeckter Zusätze auf dem Stimmzettel für ungültig erklärt, und Merk führte wieder – mit drei Stimmen. Staatsanwaltschaft und Gerichte erklärten die Wahl anschließend für korrekt.

In ihrem Amt als Oberbürgermeisterin bescheinigen ihr Beobachter aller politischen Richtungen hervorragende Arbeit. Die Durchsetzung des umkämpften Projekts „Neu-Ulm 21“, das den Bahnhof in den Untergrund verlegt, gilt als ihr größter Erfolg – bei der OB-Wahl 2001 errang sie dann 62,1 Prozent der Stimmen. Dennoch wäre Merk sicher nicht schon jetzt ins Kabinett aufgerückt, wenn sie nicht dem gewünschten Profil bei Alter, Geschlecht und Regionalproporz entsprochen hätte. Eine jüngere Frau aus Schwaben kam Edmund Stoiber gerade recht. Da konnte der wertkonservative Ministerpräsident sogar über einen winzigen Makel im perfekten Lebenslauf hinwegsehen: Beate Merk lebt mit ihrem Partner ohne Trauschein zusammen. Dass sie deswegen einen besonders liberalen Kurs im Justizministerium einschlägt, ist nicht zu erwarten. JÖRG SCHALLENBERG