Wahlschlappe für Serbiens Regierung

Bei den Kommunalwahlen gewinnen die Oppositionsparteien fast in allen Städten und Gemeinden die Mehrheit. Serbiens Präsident Tadić und Regierungschef Koštunica sprechen bereits von vorgezogenen Parlamentswahlen

BELGRAD taz ■ Wiederholt hatten serbische Politiker die Wähler aufgerufen, zu den Urnen zu gehen, von der „enormen Bedeutung“ der „schicksalhaften“ Kommunalwahlen in Serbien und der Landeswahlen in der Vojvodina gesprochen sowie einen kostspieligen Wahlkampf gemacht. Es nützte alles nichts: Die Beteiligung am Sonntag lag bei 35 Prozent. Die Menschen seien wahlmüde und verzweifelt, stellten Beobachter fest. Achtmal in den vergangenen zwei Jahren gingen sie zu den Urnen, und die soziale Lage hat sich kaum verbessert: Die Arbeitslosigkeit und die Preise steigen, während der Lebensstandard sinkt.

Nach dem Debakel bei den Präsidentenwahlen im Juni musste die Minderheitsregierung eine weitere vernichtende Niederlage einstecken. Fast in allen der 148 serbischen Städte und Gemeinden gewannen Oppositionsparteien die Mehrheit: Die prowestliche „Demokratische Partei“ (DS) des 2003 ermordeten Premiers, Zoran Djindjić, und die ultranationalistische „Serbische Radikale Partei“ (SRS), deren Vorsitzender, Vojislav Šešelj, im Gefängnis des UNO-Tribunals in Den Haag auf seinen Prozess wegen Kriegsverbrechen wartet, etablierten sich als die zwei mit Abstand stärksten Parteien. In Belgrad erreichte der Kandidat der DS, Nenad Bogdanović, 33,8 Prozent der Stimmen. Der Ultranationalist Aleksandar Vucić von der Serbischen Radikalen Partei (SRS) erhielt 29 Prozent.

Deshalb sprachen sowohl Serbiens Premier und Chef der regierenden national-konservativen „Demokratischen Partei Serbiens“ (DSS), Vojislav Koštunica, als auch Serbiens Präsident und Chef der DS, Boris Tadić, von vorgezogenen Parlamentswahlen, „sobald die neue Verfassung verabschiedet wird“.

Die Kommunalwahlen haben erneut die Ursache für die politische Instabilität in Serbien deutlich gemacht: Keine Partei ist stark genug, um alleine regieren zu können. Ideologisch grundverschiedene Parteien gehen Zwangskoalitionen ein, die sich nicht lange halten können. In allen Großstädten wird erst in der Stichwahl in zwei Wochen der Bürgermeister ermittelt werden.

Auch in der Vojvodina ist der Kampf um die 120 Mandate im Landesparlament nicht beendet. Aufgrund des neuen Wahlgesetzes – einer Mischung von Verhältnis- und Mehrheitswahlrecht, das Minderheiten Mandate garantiert – wird die Zusammensetzung des Parlaments erst nach der Stichwahl bekannt werden. Es führt die SRS gefolgt von der DS. ANDREJ IVANJI