Von der Umwelt in den Haushalt

Niedersachsens CDU-Regierung will Einnahmen der NDR-Umwelt-Lotterie teilweise in Landeshaushalt umleiten und zieht sich den Vorwurf der Zweckentfremdung zu

HANNOVER taz ■ „Bingo – Die Umweltlotterie“ ist eigentlich eine Fernsehsendung, die alle glücklich macht. Der NDR ist stolz auf die Einschaltquote von mehr als 13 Prozent, die die sonntägliche Lotto-Show zu einer der beliebtesten Sendungen des NDR-Fernsehens, des dritten Programms im Norden, macht. Die Zuschauer lieben die volkstümlichen Moderatoren und die live ausgespielten Gewinne. Und nicht zuletzt soll bei jedem Bingo-Los ein Viertel des Kaufpreises von 2,50 Euro einem guten Zweck zufließen: vorwiegend Umweltprojekten in Niedersachsen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein.

Der Erfolg hat allerdings auch bei der chronisch finanzknappen niedersächsischen Landesregierung Begehrlichkeiten geweckt. Das Land Niedersachsen will einen wachsenden Teil der eigentlich für die Umwelt bestimmten Lotterieeinnahmen in seinen Landeshaushalt umleiten. Der niedersächsische Naturschutzbund sieht Bingo bereits als eine „Haushaltslöcher-Stopflotterie“ und wirft der Landesregierung Täuschung der Bingo-Spieler vor. SPD und Grüne sprachen im niedersächsischen Landtag von Zweckentfremdung der Bingo-Einnahmen.

Niedersachsenlotto, über dessen Annahmestellen die Bingo-Lose vertrieben werden, hat 2003 mit der Lotterie einen Umsatz von 28 Millionen Euro gemacht. Abzüglich der Unkosten von 18,3 Prozent, der Lotteriesteuer von 16,6 Prozent und der 40-prozentigen Gewinnausschüttung blieben am Ende 25 Prozent so genannte Konzessionsabgaben übrig – das waren sieben Millionen Euro für Umwelt- und Entwicklungsprojekte.

Bereits im laufenden Jahr sollen allerdings bei steigenden Bingo-Umsätzen nur noch 4 Millionen Euro Umwelt- und Entwicklung zugute kommen. Wie Ministerpräsident Christian Wulff in der vergangenen Woche vor dem Landtag ausführte, stieg der eigentlich der Umwelt zugedachte Ertrag von Bingo im ersten Halbjahr 2004 auf 4,25 Millionen Euro. Hochgerechnet auf das ganze Jahr würden sich möglicherweise Einnahmen von mehr als acht Millionen Euro ergeben, sagte der CDU-Politiker.

Allerdings hatte das von Wulff geführte niedersächsische Landeskabinett schon im vergangenen Jahr bei der Aufstellung des Landeshaushaltes 2004 die Förderung der Umwelt durch die Lotterie auf einen Höchstbetrag von 4 Millionen Euro „gedeckelt“. Nach Angaben von SPD und Grünen, die auch Wulff im Landtag zumindest nicht dementierte, soll die für die Umwelt übrig bleibende Fördersumme im Haushalt 2005 sogar noch einmal auf drei Millionen Euro abgesenkt werden. Endgültig über die Absenkung entscheiden wollte das Landeskabinett auf einer Sparklausur, die gestern Abend in Hannover begann.

JÜRGEN VOGES