Der erste Auszug aus dem Toll-Haus

Das Mautdebakel fordert personelle Konsequenzen: Das Betreiberkonsortium von Daimler und Telekom feuert Toll-Collect-Geschäftsführer. Daimler-Mann verlässt den Aufsichtsrat. Nachfolger schon da. Grüne drohen mit Untersuchungsausschuss

von HANNA GERSMANN

Die Firma Toll Collect, die das Mautsystem für Lkws auf deutschen Autobahnen entwickeln soll, baut nach der peinlichen Pannenserie ihre Führung um. Geschäftsführer Michael Rummel räumte gestern seinen Stuhl, DaimlerChrysler-Vorstand Klaus Mangold verlässt Mitte Dezember den Aufsichtsrat. Auch weitere TC-Manager werden gehen. Mangolds und Rummels Nachrücker arbeiten bereits in dem Pannenunternehmen.

Zum Umbau der Chefetage habe vor allem die Deutsche Telekom gedrängt, hieß es gestern. Aber auch die Toleranz des Mitgesellschafters Cofiroute, eines französischen Autobahnbetreibers, solle erschöpft sein. Dritter TC-Eigner ist der Autokonzern DaimlerChrysler. Bislang hatten die drei Unternehmen vermieden, sich in der Öffentlichkeit wechselseitige Verwürfe über das Mautdesaster zu machen.

Vor allem der Telekom war das Duo Mangold/Rummel ein Dorn im Auge. Der Daimler-Vorstand hatte den Geschäftsführer, der selbst aus dem Hause Daimler kommt, immer unterstützt. Noch vor einer Woche schloss Mangold personelle Änderungen in der Geschäftsführung aus. Verärgert war die Telekom, zuständig für die Software und das Rechenzentrum des Mautsystems, über Fehlentscheidungen Rummels. So soll er den Einbau der Bordgeräte zur Mautabrechnung auch dann noch angeordnet haben, als die Telekom-Tochter T-Systems bereits schriftlich darauf hingewiesen hatte, dass sie nicht funktionierten.

Nachfolger Rummels wird der frühere Viag-Interkom-Vorstand Hans-Burghard Ziermann, seit Januar 2003 bereits Mitglied der Geschäftsführung. Der starke Toll-Collect-Mann wird aber der 62-jährige Peter Mihatsch. Er wird ab dem 16. Dezember Aufsichtsratsvorsitzender von Toll Collect. Mangolds Vertrag als DaimlerChrysler-Vorstand läuft dann regulär aus. Von der Berufung Mihatschs geht das Signal aus, dass die Sparte Telekommunikation professionalisiert werden soll: Mihatsch war ehemals Telekommunikationschef bei Mannesmann. Er hat den einstigen Stahl- und Röhrenbauer mit zum zweitgrößten deutschen Mobilfunkanbieter umgebaut. Mitte September kaufte ihn Toll Collect bereits als Krisenmanager ein. Vermutlich hat er für die Ablösung Rummels plädiert.

Inwieweit sich nun auch die Politik des Konsortiums gegenüber der Bundesregierung ändert, ist offen. Vor allem geht es um die Frage, ob Toll Collect für die Einnahmeausfälle des Bundes wegen des verzögerten Mautstarts haften muss. Heute wird sich damit der Verkehrsausschuss im Bundestag befassen. Ob die Parlamentarier dann Einsicht in den Vertrag zwischen Regierung und Toll Collect haben werden, wussten sie bis gestern Nachmittag nicht. Bisher hatte vor allem Mangold die Offenlegung abgelehnt; er wollte lediglich eine mündliche Erläuterung zulassen. Angesichts des Gezerres brachten die Grünen gestern die Forderung nach einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Maut ins Gespräch.

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