Rethmann macht den Entsorgern Angst

Bevor der Entsorger Rethmann 70 Prozent von RWE Umwelt kauft, hofft der Mittelstand auf Kartellamts-Auflagen

BONN taz ■ Die Angst geht um im Lager der mittelständischen Entsorger. Wenn der private Entsorgungsriese Rethmann aus Lünen wie angekündigt, 70 Prozent der RWE-Entsorgungstochter Umwelt kaufen dürfe, bestehe „Monopolalarm“, so der Geschäftsführer des Bundesverbandes Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bsve), Hans-Günter Fischer.

„Der Verband betrachtet die Entwicklung mit großer Sorge, schließliche geht es um eine riesige wirtschaftliche, aber auch um eine Machtkonzentration“, sagt Fischer. Der Riesenkonzern, zusammengesetzt aus der Nummer eins und Nummer zwei im Entsorgungsmarkt, sei fähig, „selbst große Mittelständler problemlos aus dem Markt zu drängen“, sagt er. Fischers Verband mit Sitz in Bonn repräsentiert rund 600 mittelständische Unternehmen von kleinen Gesellschaften bis hin zu großen GmbHs wie beispielsweise dem Berliner Entsorger Alba.

RWE und Rethmann hatten am Freitag vergangener Woche bekannt gegeben, dass Rethmann von RWE die Entsorgungstochter, deren Wert auf 800 Millionen Euro geschätzt wird, zu 70 Prozent übernimmt. RWE hatte die Tochter seinerzeit vom Viersener Unternehmer Trienekens übernommen. Die Angst der mittelständischen Entsorger ist verständlich. Denn sollten im Verkaufspaket der RWE auch die Müllverbrennungsanlagen (MVA) enthalten sein, besäße Rethmann im nächsten Jahr alle privaten MVAs im Land NRW. Im nächsten Jahr dürfen unbehandelte Abfälle ab Juni nicht mehr auf Deponien gelagert, sondern müssen thermisch oder biologisch vorbehandelt werden, um Sickerwasser und Deponiegase zu minimieren. Den MVAs steht somit ein Auftragszuwachs ins Haus und den mittelständischen Entsorgern ein Entsorgungsengpass.

Es könne sein, dass „wir dann keine Kapazitäten mehr haben“ und dass Rethmanns Verbrennungsanlagen teuer bezahlt werden müssten, sagt Fischer. „Wenn dort ein Wagen von Rethmann oder RWE vorfährt, kann es sein, dass deren Verbrennung dann billiger wird, als bei firmenfremden Kunden“, sagt Fischer. Deshalb drängt der Verband darauf, an den Entscheidungen des Kartellamts beteiligt zu werden. „Wir werden uns dem Kartellverfahren beiladen lassen“, sagt Fischer, „da muss ein Controlling eingeführt werden“.

Wenig Hoffnung ins Bundeskartellamt setzt die Geschäftsführerin des in Köln ansässigen Verbandes der Kommunalen Entsorger, Karin Opphard. „Die letzten Entscheidungen des Kartellamtes zeigen, dass man sich nicht sicher sein kann, was dabei herauskommt“, sagt Opphard. Letztlich glaubt sie nicht an den großen Gewinn durch den Besitz von MVAs in Nordrhein-Westfalen. „RWE hat die erzielte Rendite von fünf Prozent nicht gereicht“, sagt sie. Wenn steigende Einnahmen im nächsten Jahr zu erwarten gewesen wären, hätte RWE seine Entsorgungssparte bestimmt nicht verkauft, mutmaßt Opphard.

Die Kommunen sind oft durch Public Private Partnership Programme mit Rethmann oder RWE geschäftlich verbunden. Rethmann möchte sich zum Kauf momentan nicht äußern. „Wir bleiben zurückhaltend“, sagt Daniela Enslein, Sprecherin des Konzerns. Dass, wenn der Zweite eines Marktes den Ersten kaufe, der Zweite danach Erster sei, sei aber nicht wegzudiskutieren, sagt Enslein. Mehr Arithmetik, beispielsweise, wie die Beteiligungen bei den MVAs aussehen, gibt es aus dem Hause Rethmann nicht. ELMAR KOK