montagsdemo
: Politische Atempause

Ärgerlich am faktischen Ende der Kölner Montagsdemos ist vor allem die Art und Weise, wie es dazu gekommen ist. Die verschiedenen Organisatoren haben zu wenig miteinander geredet. Da wusste im buchstäblichen Sinne die eine Hand nicht, was die andere macht – und sie wollte es auch nicht wissen.

Kommentar von Sebastian Sedlmayr

Die politischen Streitkulturen der Veranstalter liegen meilenweit auseinander. Wer nur in ein (Stadt-)Parlament einziehen will, um es möglichst bald abzuschaffen, hat mit einer reformistisch orientierten Strömung, wie Attac, Ver.di oder KALZ sie darstellen, eben wenig gemeinsam. Das hat sich bereits bei früheren Aktionen gegen Kürzungen im Sozialhaushalt der Stadt Köln klar gezeigt. Solch lose politische Koalitionen wie die zwischen SAV und Attac überleben nur dann, wenn der Protest sich in der „Mitte“ der Gesellschaft fortsetzt. Das ist bei der Kritik an den Hartz-Gesetzen zumindest in Westdeutschland derzeit nicht der Fall.

Dass die Montagsdemos in der kommenden Woche höchstens von ein paar Dutzend Aktivisten aufrecht erhalten werden, ist aber gar nicht das Schlechteste, was bei der Bekämpfung der marktliberalen Politik von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat passieren konnte. Die Gegner von Hartz IV müssen neuen Atem schöpfen. Montagsdemos, die nicht zur Revolution führen, laufen sich tot und begraben den Protest unter sich.

Die Ankündigung von KALZ-Chef Thomas Münch ist insofern nur vernünftig. Eine geballte Aktion am 2. Oktober in Berlin schafft mehr Aufmerksamkeit als schrumpfende Montagsdemos. Ebenso vernünftig ist der Ansatz, zu den verantwortlichen Institutionen zu ziehen und die verbale Auseinandersetzung zu suchen. In dieser Hinsicht waren die Kölner Montagsdemos mit ihren Märschen zu Ratsparteien, Industrie- und Handelskammer, Arbeiterwohlfahrt und Rathaus wegweisend. Und darüber hinaus hält die Demokratie noch eine enorm wirkungsvolle Möglichkeit der politischen Einflussnahme bereit: Wahlen. Zum Beispiel am kommenden Sonntag.