und sonst?
: Wer ist wo aktiv?

Emel Algan ist Tochter von Yusuf Zeynel Abidin. Der Arzt hat in den Siebzigerjahren die Islamische Gemeinschaft Milli Görüș (nationale Sicht) mit gegründet, die sich an den theokratischen Ideen des Islamistenführers in der Türkei Necmettin Erbakan orientiert. Milli Görüș hat bundesweit etwa 30.000 Mitglieder und betreibt fast 300 Moscheen. Außerdem gehören Jugend-, Sport- und Frauenvereine dazu. Milli Görüș wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Seit Erbakan in der türkischen Politik an Bedeutung verlor, ist die Orientierung von Milli Görüș unklar. In der Organisation habe ein Generationswandel stattgefunden. Ein großer Teil der jüngeren Mitglieder orientiere sich nun am derzeitigen Staatspräsidenten in der Türkei, Recep Tayyip Erdogan. Obwohl ebenfalls Islamist, verfolgt er einen pragmatischen Umgang mit religiösem Recht und dessen Vereinbarkeit mit demokratischen Spielregeln, wie die EU sie von der Türkei einfordert.

Die Islamische Förderation wurde 1980 in Berlin gegründet. Sie ist ein Dachverband von elf Moscheen sowie Jugend- und Frauenvereinen sowie Selbsthilfegruppen. Emel Algans Mann und ihr Schwager sind in der Islamische Föderation aktiv. Seit einigen Jahren bietet die Islamische Föderation an Berliner Schulen den islamischen Religionsunterricht an. Auf deren Homepage wird von wachsendem Zulauf berichtet. Dagegen stehen Erfahrungen von Eltern, die von wachsendem sozialem Druck berichten, die Kinder im islamischen Religionsunterricht anzumelden.

Der Islamische Frauenverein wurde 1985 in Berlin unter dem Dachverband der Islamischen Föderation gegründet. Eine der Initiatorinnen war Emel Algans Schwester Muna Algan. Seit 1995 ist Emel Algan die Vorsitzende des Vereins. 1997 ist der Islamische Frauenverein offiziell aus der Islamischen Föderation ausgetreten. Dies war eine Bedingung, die der Jugendhilfeausschuss der Bezirksverordnetenversammlung Kreuzberg stellte, um den Verein als Träger der freien Jugendhilfe anzuerkennen. Heute ist der Verein Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband.

Emel und Muna Algan haben 1989 den Verein Islam-Kolleg Berlin e.V. gegründet. Er wurde zum Träger der islamischen Grundschule, an der Fereshta Ludin unterrichtet. Ludin wollte gerichtlich gegen das baden-württembergische Kultusministerium durchsetzen, dass sie mit Kopftuch an einer dortigen Schule unterrichten kann. Sie ist durch alle Instanzen bis hin zum Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gezogen. Einschlägigen Quellen zufolge wurde sie bei ihrem Klageweg von Milli Görüș nahe stehenden Organisationen unterstützt. Die Entscheidung von Karlsruhe hat zum Kopftuchstreit in Deutschland geführt. Emel Algan ist 1995 aus dem Islam-Kolleg e.V. ausgetreten. Emel Algans Mann ist im Vorstand des Islam-Kollegs.

Emel Algan hat noch einen Stiefbruder, den sie sehr verehrt: Ünal Silver. Er ist Schauspieler und in Deutschland aus Fernsehproduktionen wie „Tatort“, „Faust“ oder „Alles getürkt“ bekannt. Neben zahlreichen Film- und Fernsehproduktionen war er am Bremer Theater und im German Theatre Abroad in New York engagiert. Mitglied bei der Company Hamburg ist er seit 1999. In „Rinderwahnsinn“ etwa war er dabei. Nach seiner Schauspielausbildung in Istanbul spielte er in den 60er- und 70er-Jahren in Filmen von Regisseuren wie Yilmaz Güney und Atif Yilmaz mit, die in vielen ihrer Filme soziale Ungerechtigkeit, Unterdrückung der Minderheiten und der Frauen thematisierten. „Obwohl Stiefsohn und kein praktizierender Muslim, habe ich mich von meinem Stiefvater Yusuf Zeynel Abidin immer akzeptiert gefühlt“, sagt er. WS