Die Chronologie der Sammlung Friedrich-Christian-Flick:
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Oktober 1939: Die ersten Zwangsarbeiter werden vom Flick-Betrieb Maxhütte Sulzbach-Rosenberg angefordert. Göring und Himmler bevorzugen den mächtigsten Ruhr-Industriellen Friedrich Flick, der im Wahlkampf 1933 die NSDAP finanziell unterstützt hat und zum wichtigsten Rüstungslieferanten der Wehrmacht avanciert ist, bei der Zuteilung von Zwangsarbeitern.

1947: Friedrich Flick wird in Nürnberg zu 7 Jahren Haft verurteilt, wegen Bereicherung an enteignetem jüdischem Besitz und Ausbeutung von bis zu 50.000 Zwangsarbeitern „unter schrecklichen Bedingungen“ in seinen Rüstungsbetrieben während des Krieges. Bis zu seinem Tod weigert er sich, Entschädigungen an ehemalige Zwangsarbeiter zu zahlen.

1979: Friedrich Christian Flick, der als Erbe mit über 100 Millionen Mark des Familienvermögens abgefunden worden ist, verlegt seinen Wohnsitz in die steuergünstige Schweiz.

1996: Die Universität Oxford lehnt Gert-Rudolf Flicks Angebot, eine Professur zur europäischen Ideengeschichte zu stiften, aufgrund der Herkunft des Flick-Vermögens ab.

Januar 2001: Ankündigung F. C. Flicks, sich in Zürich von Architekt Rem Koolhaas ein Museum für seine etwa 2.500 Objekte umfassende Kunstsammlung bauen zu lassen.

April 2001: 27 Theaterleute und Autoren, unter ihnen Christoph Marthaler, Jürgen Flimm und Günter Grass, unterschreiben eine Petition, in der sie sich gegen die Ansiedlung des Flick-Museums verwahren. Nach einer öffentlichen Debatte gibt Flick seinen Plan auf.

Februar 2002: Beim Treffen der „Freunde der Nationalgalerie“ wird erstmals darüber gesprochen, die Sammlung nach Berlin zu holen.

Mai 2002: Flick besucht den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) im Roten Rathaus, um das Projekt zu erläutern und über die Schwierigkeiten in Zürich zu berichten. Die beiden vereinbaren Stillschweigen.

Sommer 2002: Die „Rieck-Halle“ neben dem Hamburger Bahnhof wird als Standort für die Flick-Collection ausgewählt.

9. Januar 2003: Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz als Trägerin der Staatlichen Museen und Flick unterschreiben den Leihvertrag. Kulturstaatsministerin Christina Weiss erklärt, Kunst dürfe „nicht instrumentalisiert werden für das, was in der Geschichte geschehen“ sei. In diesem Zusammenhang spricht die parteilose Politikerin von „Sippenhaft“.

10. Januar 2003: Die Berliner Presse ist begeistert: „Die Augenlust muss einem vergangen sein, wenn man dessen Kunstkosmos nicht als Gewinn für Berlin versteht“, jubelt die Berliner Zeitung. „Ein Coup“, freut sich der Tagesspiegel.

Frühjahr 2003: Es gründet sich ein Förderverein Berliner Bürger, der Flicks Vorhaben kritisch begleiten will. Er plant eine Dokumentation der Zwangsarbeit, die in Flicks Werken geleistet wurde. Das Vorhaben scheitert, eine öffentliche Förderung wird von der Berliner Landespolitik abgelehnt.

18. Mai 2004: Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Salomon Korn, schreibt in einem offenen Brief an Flick, es reiche nicht aus, „seine mit dem Blutgeld des Großvaters erworbene Kunstsammlung der Öffentlichkeit leihweise zur Verfügung zu stellen“, um eine „Rehabilitierung des Familiennamens“ zu erreichen.

25. Mai 2004: Salomon Korn fragt polemisch: „Wird es demnächst eine Göring-Collection in Berlin geben?“

Juni 2004: Kritik an der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die sich vorbehaltlos die Argumentation Flicks zu Eigen macht. Schließlich fordert auch Staatsministerin Weiss, die Öffentlichkeit begleitend zur Ausstellung über die Familiengeschichte der Flicks zu informieren. Ein Begleitprogramm zur Flick-Collection wird erstellt.

11. Juni 2004: Heinz Berggruen, 90-jähriger Kunstmäzen, der als Jude in den Dreißigerjahren aus Deutschland emigrieren musste, plädiert anlässlich seiner Ernennung zum Ehrenbürger Berlins dafür, nicht „von Sippenhaft vergangener Untaten“ zu sprechen und erklärt, Flicks Sammlung werde „eine große Bereicherung für uns alle sein“.

30. Juni 2004: Peter-Klaus Schuster, der Generaldirektor der Staatlichen Museen von Berlin, wehrt lauter werdende Forderungen nach einer Verschiebung der Ausstellungseröffnung ab: „Wir sind das Moratorium“.

Juli 2004: Auf Wunsch der Geschwister Friedrich Christian Flicks wird die „Flick-Collection“ in „Friedrich Christian Flick Collection“ umbenannt.

14. Juli 2004: Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz erteilt dem Münchner Institut für Zeitgeschichte einen Forschungsauftrag zur Familiengeschichte der Flicks. Flick beteiligt sich an der Finanzierung.

5. August 2004: Flicks Schwester Dagmar Ottmann fordert in der Zeit ein Moratorium, „bis die Geschichte des Flick-Konzerns aufgearbeitet ist“, und kritisiert die „Verdrängung der NS-Vergangenheit durch einige Mitglieder der Familie Flick“.

21. September 2004: Im Beisein von Bundeskanzler Schröder wird die Flick-Collection eröffnet. Eine Entschädigung der Zwangsarbeiter lehnt Friedrich Christian Flick nach wie vor kategorisch ab. CHRONOLOGIE:
CHRISTIAN BERNDT