Mandat für Kundus

Bundesregierung will beschließen, Soldaten in die nordafghanische Stadt zu entsenden: Den Segen des UN-Sicherheitsrats hat sie schon

BERLIN/DELHI taz/ap ■ Das Bundeskabinett will heute den Einsatz von Bundeswehrsoldaten in der nordafghanischen Stadt Kundus beschließen. Das teilte ein Regierungssprecher gestern in Berlin mit. Den Weg frei machte dafür der UN-Sicherheitsrat in New York. Der hatte am Montag auf Antrag aus Berlin einstimmig eine Ausweitung des Mandats der bisher nur auf Kabul beschränkten Afghanistan-Schutztruppe Isaf auf das ganze Land beschlossen und das Mandat um ein Jahr verlängert.

Im Unterschied zur US-Regierung, die ihre Wiederaufbauteams in Afghanistan im Rahmen des Kriegs gegen den Terror operieren lässt, legte die Bundesregierung Wert auf ein Mandat im Rahmen der Schutztruppe. Das soll die friedliche Absicht unterstreichen. Hilfsorganisationen befürchten ohnehin eine Vermischung von ziviler und mililtärischer Arbeit und damit eine Gefährdung ihrer Mitarbeiter. Die 230 bis 450 zusätzlichen Bundeswehrsoldaten sollen in der Region Kundus den Wiederaufbau absichern und zivile Kräfte schützen.

Der deutsche UN-Botschafter Gunter Pleuger bezeichnete den Einsatz als Pilotprojekt für andere afghanische Regionen. Bei einer erfolgreichen Bundeswehr-Mission sehe der Nato-Plan die Stationierung in acht weiteren Städten vor. Die Nato führt seit August die 5.500 Mann starke Isaf-Truppe. Die Bundeswehr ist daran zur Zeit mit rund 1.600 Soldaten beteiligt.

Der Beschluss zur Ausweitung des Isaf-Mandats kommt in einer Phase wichtiger politischer Prozesse, die für die Stabilisierung demokratischer Strukturen von Bedeutung sind. Heute will Afghanistans Präsident Hamid Karsai den Entwurf für eine neue Verfassung bekannt geben. Gleichzeitig beginnt in der Nordostprovinz von Badakhshan der Wahlprozess zur Verfassunggebenden Großen Ratsversammlung im Dezember. In einigen Tagen beginnt die Pilotphase der Demobilisierung der vielen tausend Milizionäre, die unter dem Kommando lokaler Kommandanten oder Stammesführer stehen. Und in einigen Wochen beginnt die Registrierung der rund zehn Millionen Wähler, die im nächsten Jahr an die Urnen gehen sollen.

Der UN-Beschluss kann eine große Signalwirkung haben, weil er den Willen der internationalen Gemeinschaft unterstreicht, ihren militärischen Beistand in dieser Phase der politischen Erneuerung auszuweiten. Auch der Sprecher des afghanischen Außenministeriums, Omar Samad, betonte, dass die Präsenz der Truppe für den Erfolg dieser Erneuerung in einigen Regionen „entscheidend“ sei. Die afghanische Regierung hatte schon lange eine Ausweitung der Isaf-Truppe gefordert.

SVEN HANSEN, BERNARD IMHASLY