Therapeutischer Handlungsbedarf

Wegen mehrerer Fälle sexualisierter Gewalt gegen Kinder steht Francisco P. seit gestern vor dem Landgericht. Einen Teil der Schuld hat er bereits gestanden

Vor dem Hamburger Landgericht fand gestern der erste Verhandlungstag gegen den 38-jährigen Francisco P. statt. Er wird beschuldigt, am 27. März auf dem Spielplatz in Hamburg-Lurup ein fünfjähriges Mädchen vergewaltigt zu haben. Zudem sei am 18. März eine Neunjährige Opfer sexueller Gewalt durch den Beklagten geworden (taz hamburg berichtete). Außerdem werfen Staatsanwaltschaft und Nebenklage ihm vor, schon während einer Drogentherapie im Juli vorigen Jahres im Klinikum Nord eine Patientin sexuell genötigt zu haben. Zusätzlich soll er im August 2003 sexuelle Handlungen vor einem 13-jährigen Kind vollzogen haben.

Nachdem die Anklage verlesen wurde, schloss das Landgericht zur Vernehmung des Angeklagten die Öffentlichkeit aus. Der Anwalt des mutmaßlichen Täters, Thomas Bliwier, gab aber bekannt, dass Francisco P. sich der Tat gegen die Fünf- und Neunjährige im vergangenen März für schuldig bekennt. „Er hat ausdrücklich betont, dass es ihm Leid tut und dass er sich entschuldigen möchte“, so Bliwier. „Mein Mandant sieht selber, dass bei ihm therapeutischer Handlungsbedarf besteht.“ Somit legte der Angeklagte ein Teilgeständnis ab.

Der Fall hat in der Vergangenheit unter anderem für Aufregung gesorgt, da Francisco P. die Vergewaltigung der Fünfjährigen auch wegen einer Panne der Justiz begehen konnte: Nachdem er mehrere Kinder sexuell belästigt haben soll, stand der Angeklagte zwei Tage vor der Straftat vor dem Haftrichter. Der zuständige Staatsanwalt ließ ihn aber laufen, da er sich im Computer-System „Mesta“ nicht über den Verdächtigen erkundigt hatte. Dort hätte er von weiteren Verdachtsfällen oder dem Abbruch der Drogentherapie erfahren können.

Die Nebenklagevertreterin Kathrin Schulz war gestern optimistisch. Sie habe den Eindruck, das Gericht wolle auch die anderen zwei Fälle aufklären. Darüber hinaus halte sie die Aussage der Fünfjährigen, die kurze Zeit nach der Tat auf Video aufgezeichnet wurde, für wichtig. Dies sei „eine sehr authentische Vernehmung“, und „die Beeinflussung wird sehr gut vermieden“. Die gestrige Ausstrahlung des Videos, die ebenfalls ohne die Öffentlichkeit geschah, ersparte dem Kind die Vernehmung vor Gericht. Heute wolle das Mädchen nicht mehr über die Tat sprechen. Schulz hofft, dass sich das Leben des Mädchens normalisieren werde.Jennifer Neufend