Was kommt eigentlich nach der Schule?

In der Kastanienallee in Prenzlauer Berg wird im Februar eine Schule geschlossen. Um die Frage, wie das Gebäude weiter genutzt wird, ist im Bezirk ein erbitterter Streit entstanden. Die Kontrahenten: eine Sprachenschule, das Sozialpädagogische Institut (SPI) und eine Bürgerinitiative

Im Bezirk Pankow drängeln sich derzeit die Interessenten um die Nutzung der Gustave-Eiffel-Schule. Die Schüler sollen bis Februar nächsten Jahres aus dem Areal in der Kastanienallee ausgezogen sein. Wegen der niedrigen Schülerzahlen will man das Gelände anderweitig nutzen. Bloß wie? Im Gespräch sind unter anderem eine Sprachschule, mehrere Kunst- und Sozialprojekte unter der Trägerschaft des Sozialpädagogischen Instituts Berlin (SPI) sowie ein Kiezprojekt

Nun, da die Entscheidung näher rückt, wird es noch mal richtig spannend: Ein neuer Bieter tritt plötzlich auf, ein anderer, so heißt es, wolle sich zurückziehen. Und Pankows Bezirksbürgermeister Burkhard Kleinert (PDS) will sich zu diesem „leidigen Thema“ gar nicht äußern, will aber auch nicht, dass es ein anderer tut.

Heute tagen die entscheidenden Ausschüsse im Bezirksamt Pankow, der Finanz- und auch der Stadtentwicklungsausschuss. Die Mehrheit der Politiker favorisiert die Verpachtung der leer werdenden Schule an die private Sprachenschule GLS. Vor allem die Grünen und auch die SPD-Fraktion hat sich auf diese Option festgelegt. Zur Begründung sagte Ronald Rüdiger, Fraktionsgeschäftsführer der SPD in Pankow: „Wir rechnen damit, dass sich das SPI zurückziehen wird.“ Die Sprachschule würde außerdem die Attraktivität des Bezirks steigern, meint er.

Auch unter finanziellen Aspekten wird die Verpachtung an die Sprachschule angestrebt: Auf 2,1 Millionen Euro wurde der Wert der Schule geschätzt. Der Deal scheint also gemacht. Wenn sich nicht noch in letzter Minute etwas ändert.

Und da kommt die BürgerInneninitiative K82 ins Spiel. Die beeilte sich, bis zum heutigen Entscheidungstag einen eigenen Plan zur Finanzierung und Sanierung der Gebäude vorlegen zu können. Das Nutzungskonzept steht ohnehin schon fest. „Wir wollen das Gelände für alle Anwohner des Bezirks öffentlich zugänglich machen und ein lebendiges, dynamisches Zentrum für selbstständiges und kooperatives Arbeiten einrichten“, sagt Matthias Heyden, Mitgründer der BürgerInneninitiative. Auf dem Gelände soll beispielsweise ein Stadtteilpark entstehen, ein Gemeinschaftgarten für die Anwohner, es sollen Arbeitsräume und eine Kita geschaffen werden. 59 Mietinteressenten haben die Aktivisten bislang zusammen. Man können sich eine treuhänderische Übergabe vonseiten des Bezirks vorstellen. „Wir haben das Gelände zusammen mit einem erfahrenen Architekten begutachtet, der sich auch für eine behutsame Sanierung ausgesprochen hat“, sagt Heyden.

Die BürgerInneninitiative befürchtet, dass durch Projekte wie die Sprachenschule die soziale Mischung in Prenzlauer Berg allmählich kippt und Verhältnisse wie am Hackeschen Markt drohen. Mit dem SPI könne man noch leben, heißt es. Bis vor einer Woche habe man sogar eine Kooperation angestrebt. doch dann gewann die BI den Eindruck, dass die Verantwortlichen beim SPI ein anderes Konzept verfolgen. Also beschloss man, eigene Wege zu gehen

Das SPI, das von den Gerüchten um den angeblichen Rückzug der eigenen Bewerbung nichts weiß, stellt sich eine Nutzung des Geländes durch drei Großmieter vor: MalerInnen der Kunsthochschule Weißensee, das Museum der Dinge und die Helmut-Ziegner-Stiftung, einer Ausbildungsstiftung für schwer vermittelbare Jugendliche. Bei der Vorstellung des Projekts scheint aber so einiges schief gelaufen zu sein: „Über Dritte habe ich gehört, dass einige Politiker sagen, wir hätten unseriös gewirkt, andere meinten, das Konzept wäre schlecht dargestellt gewesen“, sagt Jürgen Lindner vom SPI.

Deutlich professioneller muss da die Vorstellung der Sprachenschule gewirkt haben. Die Kontrahenten vermuten, dass das Ehepaar Jaeschke, Inhaber der Schöneberger Sprachenschule, vom ehemaligen Berliner Bürgermeister Eberhard Diepgen beraten wird. „Ich treffe mich mit Herrn Diepgen einmal die Woche zum Joggen“, meint Frau Jaeschke dazu. Sie verstehe auch nicht, warum sich die Fronten so zuspitzten. Schließlich habe man Kooperationsbereitschaft signalisiert: „Wir können uns vorstellen, Tanzlehrer oder Kunstlehrer ins Haus zu holen. Die Künstler müssen doch schließlich auch von etwas leben.“ MIRJAM DOLDERER