herr tietz macht einen weiten einwurf
: Bierhoffs Abfallwirtschaft

Fritz Tietz über den neuen Teammanager der deutschen Fußball-Nationalmannschaftund dessen Eigenvermarktung

Wie auch immer die Fußball-WM 2006 für das frisch installierte Führungstrio der deutschen Nationalmannschaft Klinsmann, Löw und Bierhoff ausgeht, einer dürfte bereits als Sieger feststehen: Oliver Bierhoff. Der hat mit dem Golden Goal von 1996 sein entscheidendes Tor schon beizeiten geschossen und besetzt jetzt als eher im Hintergrund agierender und dennoch stets medienpräsenter Teammanager den, zumindest marketenderisch gesehen, wohl lukrativsten Posten in dem Triumvirat. Anders als für Klinsmann und Löw wird des Managers Renommee sicher nicht ausschließlich am sportlichen Erfolg gemessen werden. Eine bessere Position, um seinen eh schon hohen Markenwert in den nächsten Jahren noch weiter zu vergolden, konnte sich daher für Bierhoff gar nicht ergeben. Dafür kann man schon mal einen langjährigen Werbevertrag mit dem Turnschuh-Marktführer Nike canceln.

Dem goldenen Schuss von 1996 verdankt Bierhoff maßgeblich seinen sagenhaften Aufstieg zur gefragten Reklamefigur. Kein anderer Fußballer hierzulande hat eine erfolgreichere Selbstvermarktungsbilanz vorzuweisen – abgesehen natürlich von der Litfaßsäule des deutschen Fußballs: Franz Beckenbauers Erfolg als Werbeträger bleibt wohl auf ewig unerreicht. Ob für Suppen, Strom, Mobiltelefone oder – „Bohr’n wir mal!“ – Bohrmaschinen. Die Lichtgestalt hält ihr pfiffiges Schnäppchengesicht für nahezu jeden Trödel hin. Mit dem Kaiser als Galionsfigur würde man sogar gebrauchte Katzenstreu gewinnbringend verkaufen können, scherzte mal ein Reklamefritze, dabei kann man auch ernsthaft der Auffassung sein, dass ein tütensuppenähnliches Behältnis voll katzenpissefeuchten Granulats genau das Produkt ist, das Beckenbauer bestens zu Gesicht stände: „Ja, ist denn heut’ schon Weihnachten?“

Bierhoff hingegen ist seine Karriere als Gesichtsvermarkter weitaus durchdachter angegangen. Motiviert durch seine „betriebswirtschaftliche Denke“ habe er gleich nach dem Golden Goal überlegt, was sich vermarktungstechnisch daraus machen ließe. So die Erzähle des smarten und schwiegermutterkompatiblen Sympathen in einem Interview mit dem Online-Magazin „Abfallwirtschaft“. Abfallwirtschaft? Natürlich nur ein Verleser, der aber nicht von ungefähr passiert, wenn sich ein Fachmagazin für das Marketing jeglichen Plunders „Absatzwirtschaft“ nennt. In „Absatzwirtschaft“ also berichtet der Golden Goaler detailliert von seinem marktforschungsabgesicherten Aufstieg zum Shampoo-Model, Jogurt-Behudler und Wertpapiere-Verkäufer. Konzipieren lässt Bierhoff seine Karriere von der Agentur The Performers, die mit Michael Ballack, Ottmar Hitzfeld und Timo Hildebrand noch weitere Pferdchen aus der Fußballbranche für die Vermarktung zureitet.

Mit Bierhoff aber (laut Agenturchef Peter Olsson „der einzige Fußballer, der glaubhaft einen Anzug tragen kann“) hat sie den mit Abstand werbegelderstärksten Galopper im Stall. 1998 lieh der glaubhafte Anzugträger das, was oben rausguckt, gleich acht verschiedenen Produkten. Bierhoff gilt als kooperativer Gesichtverleiher, der den Belangen seiner „Sponsoren“ durchaus mehr Interesse entgegenbringt, als man von ihm erwartet. So wusste er auch schon mal um nicht so nette Sachen Bescheid: „Nike war ja mit der Kinderarbeit in der Presse“, umschrieb er sehr sponsorenkooperativ, dass sein Vertragspartner Nike nicht nur in der Presse, sondern tatsächlich mit Kinderarbeit befasst war. „Aber“, so beruhigte Bierhoff damals, „die arbeiten dran.“

Dran gearbeitet haben unterdessen auch seine Performer, nämlich an der künftigen Vermarktungsstrategie. Da gilt es „jetzt wegzugehen von dem Testimonial Oliver Bierhoff, wo man einfach nur meinen Kopf nutzt, hin zum Botschafter oder Berater. Mit RTL habe ich beispielsweise noch die Champions League, was sehr interessant ist, und es laufen auch noch andere Gespräche.“ So beorakelte er bereits 2002 seinen Einstieg beim DFB. Nein, um Oliver Bierhoff muss man sich keine Sorgen machen.