Nur dunkle Gestalten

Prozess um Todesschüsse auf SEK-Mann: Auch eine Augenzeugin des Einsatzes hat die Polizei nicht erkannt

Hat Yassin Ali-K. die hereinstürmenden SEK-Beamten als Polizisten erkennen können oder nicht? Um diese Frage ging es auch am zweiten Verhandlungstag im Prozess um die tödlichen Schüsse auf den SEK-Mann Roland Kürger.

Eine Sozialarbeiterin, die zum Tatzeitpunkt in der elterlichen Wohnung des Angeklagten war, sagte gestern aus, sie habe die Hereinstürmenden nicht als Polizisten erkannt. Auch an „Polizei!“-Rufe könne sie sich nicht erinnern. „Es gab einen fürchterlichen Knall, die Tür flog auf, und dann kamen dunkel gekleidete Gestalten“, sagt die 55-Jährige. Ein Mann habe plötzlich vor ihr gestanden und gesagt, sie solle sich auf den Boden legen. Dann seien die Schüsse gefallen.

Yassin Ali-K. hatte bereits zu Prozessbeginn gestanden, blindlings auf die Eindringlinge geschossen zu haben, sich dabei aber auf Notwehr berufen. Er habe mit einem Überfall eines verfeindeten Clans gerechnet und die Polizei nicht erkannt. Der SEK-Trupp hatte am 23. April die elterliche Wohnung des Angeklagten gestürmt, um ihn festzunehmen. Der Libanese wurde damals wegen einer Messerstecherei im „Jungle-Club“ gesucht.

Ein SEK-Beamter, der bei dem Einsatz schwer verletzt worden war, bestätigte dagegen die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft, wonach die Beamten mehrfach und deutlich „Polizei!“ gerufen hätten. „Wir waren richtig laut.“ Zur Wahrung seiner Anonymität sagte er hinter einem weißen Sichtschutz aus.

Es sei nicht vorstellbar, dass Yassin Ali-K. die Polizei nicht erkannt habe, sagte der Berliner SEK-Chef Martin Textor. „Dieser Einsatz ist so gelaufen, wie er hätte laufen müssen. Da gibt es nichts zu beanstanden“, so Textor. Es habe zur Erstürmung keine Alternative gegeben. Wenn es um die beiden rivalisierenden Clans gehe, wüssten beim SEK alle sofort Bescheid. Der Prozess wird morgen fortgesetzt. JRZ