„Ich kann Sie nicht verstehen!“

Jan Ullrich (Wahrheit) trifft Jan Ullrich (T-Mobile). Ein Gespräch über alles und nichts

Beide holen ihr Handy heraus, wählen eine Nummer und beginnen zu telefonieren

Jan Ullrich (Wahrheit): Sicherlich werden Sie, Jan Ullrich, in der Öffentlichkeit oft auf meine Artikel angesprochen?

Jan Ullrich (T-Mobile): Nein.

Jan Ullrich (Wahrheit): Aber es kam bestimmt schon mal zu lustigen Verwechselungen?

Jan Ullrich (T-Mobile): Nein.

Jan Ullrich (Wahrheit): Wahrscheinlich haben Sie sogar schon mal ein Autogramm für mich geben müssen?

Jan Ullrich (T-Mobile): Noch nie. Nein, absolut noch nie.

Jan Ullrich (Wahrheit): Wie viele Ihrer großen Erfolge verdanken Sie eigentlich mir?

Jan Ullrich (T-Mobile): Keinen einzigen.

Jan Ullrich (Wahrheit): Es gab mal ein Zeitfahren, da habe ich die ganze Zeit zugeguckt und die Daumen gedrückt.

Jan Ullrich (T-Mobile): Hat mich nicht gestört …

Jan Ullrich (Wahrheit): Bei der Siegerehrung war ich total erschöpft und am nächsten Tag hatte ich Muskelkater.

Jan Ullrich (T-Mobile): Das ging mir nicht so.

Jan Ullrich (Wahrheit): Der Erfolg im Radsport hängt oft von der Leistung des ganzen Teams ab, finden Sie nicht?

Jan Ullrich (T-Mobile): Fahren musst du schon alleine …

Jan Ullrich (Wahrheit): Würden Sie mir eins Ihrer hübschen gelben Trikots schenken?

Jan Ullrich (T-Mobile): Nein.

Jan Ullrich (Wahrheit): Wollen Sie dann vielleicht meine Luftpumpe leihen?

Jan Ullrich (T-Mobile): Nein.

Jan Ullrich (Wahrheit): Ich habe noch ein beträchtliches Guthaben auf meinem Handy. Wollen Sie es vertelefonieren?

Jan Ullrich (T-Mobile): Nein, ich habe mein eigenes …

(Beide holen ihr Handy heraus, wählen eine Nummer und beginnen zu telefonieren.)

Beide: Ich kann Sie nicht verstehen. (Sie legen wieder auf.)

Jan Ullrich (Wahrheit): Als ich ein kleiner Junge war, musste ich mit dem Rad auf dem Nachhauseweg von der Schule mehrere Berge erklimmen. Dabei stellte ich mir immer vor, irgendwann ein großer und erfolgreicher Radrennfahrer zu sein. Meine Wünsche und Fantasien waren so stark, dass sie sich in Ihnen materialisiert haben. Sie sind meine Vorstellung, und ich kann mit Ihnen machen, was ich will.

Jan Ullrich (T-Mobile): Das glaube ich nicht.

Jan Ullrich (Wahrheit): Aber dieses Interview ist doch von vorne bis hinten erfunden!

Jan Ullrich (T-Mobile): Ja.

Jan Ullrich (Wahrheit): Wenn dieses Interview erfunden ist, dann sind Sie auch erfunden.

Jan Ullrich (T-Mobile): Aber Sie dann doch auch!

Jan Ullrich (Wahrheit): Und von wem?

Jan Ullrich (T-Mobile): Von mir natürlich.

Jan Ullrich (Wahrheit): Ach nee – und wie geht’s jetzt weiter?

Jan Ullrich (T-Mobile): Treiben Sie gern Sport?

Jan Ullrich (Wahrheit): Nein.

Jan Ullrich (T-Mobile): Fahren Sie gern Rad?

Jan Ullrich (Wahrheit): Selten und nur kurze Strecken.

Jan Ullrich (T-Mobile): Warum?

Jan Ullrich (Wahrheit): In mir wohnt kein Ergeiz für schnelle und anstrengende Bewegungen. Ich bevorzuge leichtes Dahintreiben.

Jan Ullrich (T-Mobile): Seit wann träumen Sie davon, einmal in Ihrem Leben die Tour de France zu gewinnen?

Jan Ullrich (Wahrheit): Davon träume ich gar nicht!

Jan Ullrich (T-Mobile): Mit Ihren neuen Verträgen haben Sie endgültig ausgesorgt …

Jan Ullrich (Wahrheit): Ich hatte noch nie ausgesorgt.

Jan Ullrich (T-Mobile): Dann wollen Sie noch mal angreifen?

Jan Ullrich (Wahrheit): Also, so gesehen, muss ich wohl!

Jan Ullrich (T-Mobile): Ich wünsche Ihnen dabei viel Erfolg.

Jan Ullrich (Wahrheit): Ich danke uns für dieses Gespräch.

INTERVIEW: JAN ULLRICH