Ein Traum von sechs Minuten

Dem FC St. Pauli reicht in der 2. Fußball-Bundesliga ein spätes Tor gegen den FC Augsburg nicht zum Sieg. Das 1 : 1-Unentschieden sichert den Hamburgern den Klassenerhalt und beendet gleichzeitig die zarten Aufstiegsambitionen

Mund abwischen, weitermachen. Ein Sieg, 40 Punkte, damit den Klassenerhalt geschafft und ein Fünkchen Hoffnung, doch noch um den Bundesliga-Aufstieg mitzuspielen – so lautete der kühne Plan des FC St. Pauli vor dem Heimspiel gegen den FC Augsburg. Doch der Traum währte am Sonntag nur sechs Minuten. Nach dem 1 : 0-Führungstreffer durch den kurz zuvor eingewechselten Marius Ebbers ließ die Hamburger Abwehr Augsburgs Mittelfeldspieler Tobias Werner nur sechs Minuten später im Strafraum ungedeckt zum Schuss kommen. Die Quittung waren der Ausgleich und ein unbehaglicher Platz im gehobenen, aber grauen Tabellenmittelfeld der Zweiten Liga.

Gegen den bayerischen Kontrahenten übten die Kiez-Kicker vor 22.400 Zuschauern schon mal, was denn so ohne den im Sommer zu Mainz 05 abwandernden Mittelfeldregisseur Filip Trojan geht. Eine Halbzeit lang kickte das Team von Holger Stanislawski plan- und ideenlos. Da es die Augsburger den Hamburgern gleichtaten, resultierten die wenigen Chancen einer zerfahrenen Partie aus Distanzschüssen. Während Björn Brunnemann den Augsburger Keeper Sven Neuhaus mit einem 25-Meter-Kracher zu einer Glanzparade zwang (26.), konnte auf der anderen Seite Mathias Hain kurz vor dem Pausenpfiff einen Freistoß des Augsburgers Michael Thurk nur mit Mühe über die Latte boxen.

Auch in der zweiten Halbzeit wogte die Partie ausgewogen hin und her, resultierten Chancen nur aus Einzelaktionen und Standards. Erst nach der Hereinnahme von Moike Sako und Marius Ebbers nach gut einer Spielstunde erarbeiteten sich die Hamburger ein Übergewicht. Nach dem ersten schnellen und von Ludwig und Boll direkt gespielten Konter musste Ebbers nur noch den Fuß hinhalten, um die Führung zu erzielen (70.). Doch schon im Gegenzug musste Mathias Hain sein ganzes Können aufbieten, um einen Kopfball noch aus dem Winkel zu fausten. Beim Ausgleich in der 76. Minute war der Routinier im Hamburger Tor dann machtlos.

„Wir waren in dieser hektische Partie nicht in der Lage, unseren Aufwärtstrend fortzusetzen“, analysierte der St. Pauli-Trainer Holger Stanislawski ein Spiel, in dem „der Ball viel in der Luft war und die wenigen gefährlichen Aktionen fast nur aus langen Bällen resultierten“. Zudem habe dem Team „die Erfahrung und der Killerinstinkt gefehlt, um diese Partie noch zu gewinnen“. Damit kommentierte der Hamburger zwei vergebene Großchancen kurz vor Schluss, die den Traum vom Aufstieg noch einmal wiederbelebt hätten. Vier Minuten vor Schluss zeigte sich Sako überrascht, dass er frei vor dem Tor zum Kopfball kam; in der Schlussminute übersah der kurz zuvor eingewechselte Schnitzler den besser postierten Sturmkollegen Ebbers.

Sechs Punkte fehlen den auf Tabellenplatz sechs stehenden Hamburgern neun Spieltage vor Saisonschluss zum Relegationsplatz, sieben Punkte zum sicheren Aufstieg. Da der Klassenerhalt faktisch schon gesichert ist, können die Verantwortlichen vom Millerntor nun in aller Ruhe eine weitere Zweitliga-Saison planen und als Ersatz für Trojan einen Akteur finden, der ein Spiel mit strukturierten Aktionen lenken kann. MARCO CARINI