INDONESIEN WÄHLT EINEN EX-GENERAL ZUM NEUEN PRÄSIDENTEN
: Die Ironie der Demokratie

Der Wunsch nach Wechsel war groß. Drei Jahre lang regierte in Indonesien eine zaudernde und dem Volk entrückte Präsidentin. Megawati Sukarnoputri bewegte wirtschaftlich kaum etwas, in Krisenmomenten tauchte sie ab und hielt nichtssagende Reden. Dagegen präsentiert sich der frühere Sicherheitsminister Susilo Bambang, der aus den Stichwahlen vom Montag als grandioser Sieger hervorgeht, als demokratischer Reformer – auch wenn Skepsis angebracht bleibt angesichts seines Aufstieges und seiner Sozialisation unter einer vom Militär geprägten Diktatur.

Susilo ist jetzt der erste Präsident des Landes, der ein direktes demokratisches Mandat der Bevölkerung hat. Indonesien zeigte bei seinen drei Wahlen in diesem Jahr eine erstaunliche Reife. Sie verliefen allesamt friedlich und ohne größere Unregelmäßigkeiten. Und Indonesien demonstrierte auf nonchalante Weise, dass Demokratie und Islam sehr wohl zusammenpassen. Islamistische Kräfte blieben bei den Wahlen in dem multireligiösen Land mit etwa 85 Prozent muslimischer Bevölkerung weitgehend chancenlos. Um von den WählerInnen nicht völlig abgestraft zu werden, mussten sie ihre Forderung zum Beispiel nach Einführung der Scharia hintenanstellen.

Erstmals haben auch sämtliche Parlamentsabgeordneten ein demokratisches Mandat der Bevölkerung. Für das Militär reservierte Sitze gibt es nicht mehr. Doch stehen die Abgeordneten mehrheitlich in Opposition zum Präsidenten. Die Ironie des demokratischen Fortschritts besteht darin, dass sich sowohl der künftige Präsident als auch die Abgeordneten auf das Mandat der Bevölkerung berufen können. Das Parlament wird Susilos Reformbemühungen also nach Kräften blockieren können. Sollten beide Seiten nicht kompromissfähig sein und sich nicht auf die dringend gewünschten Reformen verständigen, könnte die Demokratie Schaden nehmen. Schon bei diesen Wahlen wurde der Wunsch nach Führung deutlich. Sollten die demokratisch gewählten Politiker versagen, könnte die Demokratie bald wieder enden.

SVEN HANSEN