Struck wundert sich über Kosovo-Einsatz

Die Berichte über Versäumnisse der KFOR-Soldaten im Kosovo überraschen den Verteidigungsminister. Inwieweit die Bundeswehr an den „Mängeln“ beteiligt war, will er noch nicht beurteilen. Union denkt über Untersuchungsausschuss nach

VON ULRIKE WINKELMANN

Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) ist vom Ausmaß der Versäumnisse der internationalen Kräfte im Kosovo überrascht. „Ich denke schon, dass man sich über einige Dinge wundern musste, die dort in unseren Berichten festgestellt worden sind“, sagte Struck gestern, als in Berlin der Verteidigungsausschuss des Bundestags zusammentrat.

„Es hat ganz sicher Mängel im Bereich der militärischen Kommunikation zwischen den KFOR-Kräften und den Unmik-Polizeikräften gegeben“, so Struck. Inwieweit auch die deutsche Bundeswehr an den beklagten Mängeln ihren Anteil hat, sagte Struck dagegen nicht.

Mitte März war es im Kosovo zu Pogromen der albanischen Mehrheit gegen die serbischen Minderheit gekommen, besonders in Prizren, das zum Einsatzgebiet des deutschen Kontingents der UNO-Friedenstruppe KFOR gehört. In vielen Berichten wurde beklagt, die deutschen Soldaten seien geflüchtet, anstatt die Menschen und Gebäude unter ihre Obhut zu schützen.

Das Personal der UN-Zivilverwaltung Unmik sei im Stich gelassen worden. Dass in der Ruine eines Priesterseminars die Leiche eines Serben gefunden worden war, wurde erst Ende August nach ganz oben gemeldet. Bis dahin behauptete Peter Struck, in dem von Deutschen geschützten Gebiet sei „kein einziger Serbe“ ums Leben gekommen. Anfang September gestand er den Fehler ein.

Diese vermeintlich bloße Kommunikationspanne ist seither Anlass einer Debatte über Legitimation und Umfang des Friedenseinsatzes im Kosovo. Die Union erklärte gestern, sie wolle bald über die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses entscheiden. Das Thema wurde auf der gestrigen Sitzung des Verteidigungsausschusses verschoben, weil Struck umfangreiche Materialien erst am Morgen „im dicken Leitzordner auf den Tisch geknallt“ habe. Diese wollten gelesen sein.

„Ein Untersuchungsausschuss ist nicht das geeignete Instrument, um die Lage auf dem Balkan zu klären“, erklärte gestern die Grünen-Chefin Angelika Beer der taz. Anders als etwa der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold meinte sie jedoch nicht, dass ein Untersuchungsausschuss die Angehörigen der Streitkräfte kränken würde. Für eine notwendige „Grundsatzdebatte“ wollen die Grünen im EU-Parlament, wo Beer jetzt arbeitet, im Jahr 10 nach dem Dayton-Abkommen einen „Vorschlag über einen Friedensvertrag für die ganze Region“ ausarbeiten.

Bis dahin werden die deutschen Soldaten im Kosovo besser ausgerüstet. Laut einem Ministeriumsbericht bekommen sie vom Bundesgrenzschutz Schutzschilde, Räum- und Abdrängstöcke. Demnächst soll ihnen auch Reizgas zur Verfügung stehen. KFOR und Unmik sollen außerdem in Zukunft besser zusammenarbeiten. Dazu müssen wohl unter anderem die Englischkenntnisse aufgefrischt werden.