RAG-Tochter hat ein Loch im Dach

In der Bottroper Siedlung Beckheide schimmeln Wände wegen Baumängeln. Der Bauträger will, dass die ausführenden Unternehmen die Kosten für die Sanierung übernehmen – getan wird nichts

VON KLAUS JANSEN

Die Decken schimmeln, die Wände reißen, der Putz bröckelt ab – und nichts passiert. Seit Jahren warten die Bewohner der Gartenstadt Beckheide in Bottrop, einem ehemaligen Vorzeige-Siedlungsprojekt der Internationalen Bauausstellung (IBA) darauf, dass ihre Häuser saniert werden. Doch der Bauträger der Siedlung, Montan-Grundstücksgesellschaft MGG weigert sich, die Schäden zu beheben. Schuld an den Mängeln sei die Teerbau-Hochbau GmbH (THG), die beim Bau der rund 110 Häuser im Jahr 1995 geschlampt habe.

Die MGG, eine Tochter der RAG Immobilien, will die THG für die Schäden haftbar machen – bislang erfolglos. Ein zu diesem Zweck in Auftrag gegebenes Gutachten wurde im Juli vom Oberlandesgericht Hamm für juristisch wertlos erklärt. Auf eigene Kappe will die MGG die auf bis zu 10 Millionen Euro geschätzten Sanierungskosten nicht tragen: „Wenn wir sanieren, vernichten wir die Beweise gegenüber der THG“, sagt MGG-Geschäftsführer Hans-Peter Noll. Mit einer Sanierung sei so bald nicht zu rechnen. Zuerst müsse man das Urteil genau prüfen, dann eventuell ein neues Gutachten in Auftrag geben. Und auch die THG denkt nicht daran, die Häuser neu herzurichten. „Sämtliche Schäden, die nachweisbar auf unsere Bauausführung zurückgehen, haben wir beseitigt“, sagt Unternehmenssprecherin Gaby Bauer. Dass sich der Streit um die Komplettsanierung so lange hinziehe, sei „für die Anwohner sicherlich eine problematische Sache“, jedoch unvermeidlich. „Letztlich ist das Sache des Bauträgers MGG“, so Bauer.

Die Beckheider, denen ihre wunderschön auf einem ehemaligen Haldengelände gelegenen Häuser unter der Hand wegschimmeln, fühlen sich hingehalten. „Die Sanierung soll endlich weiter gehen, unabhängig von Gerichtsurteilen“, fordert die Anwohnerin Beate Saint-George. Ihr Nachbar Wolfgang Thomas, Stadtplanungsprofessor von der Uni Duisburg-Essen, wirft der MGG vor, die juristische Auseinandersetzung „bewusst zu verzögern“. Es könne nicht sein, dass die MGG den Streit mit den von ihr beauftragten Bauunternehmen „auf dem Rücken der Siedler“ austrage, sagt er. Die Strategie des Unternehmens im Umgang mit dem ehemaligen Modellprojekts sei unverständlich: „In der Siedlung steckt so viel Potenzial. Würde die MGG das in Ordnung bringen, wäre das die beste Eigenwerbung“, findet er.

Unterstützung bekommen die Anwohner durch die Bottroper Kommunalpolitiker. Vertreter aller Parteien haben sich für eine baldige Sanierung ausgesprochen. „Juristisch kann man wenig machen, also muss man politischen Druck erzeugen“, sagt SPD-Oberbürgermeisterkandidat Peter Noetzel. Der Sozialdemokrat baut eine Drohkulisse auf: „In Bottrop hat es immer einen Konsens für den Bergbau gegeben. Wenn Tochterfirmen der RAG so mit den Bürgern umgehen, ist dieser Konsens in Gefahr“, so Noetzel gestern zur taz. Gleiches hat er auch in einem Brief an den RAG-Chef Werner Müller geschrieben – reagiert hat der noch nicht.