Obergrenze für Dino-Pädagogik

CDU stimmt für Eckpunkte-Antrag zu Förderzentren, zeigt sich in Detailfragen aber nachdenklich. Zahl der Grundschüler an Sonderschulen wird vielleicht gedeckelt

„Unsere Volksvertreter dürfen die integrative Regelschule nicht zerstören!“ Als letzter hatte es der pensionierte Oberschulrat Hermann Schwarz versucht. Doch alle offenen Briefe nutzten nichts: Die CDU-Fraktion wollte gestern Abend nach Redaktionschluss in der Bürgerschaft mit ihrer Mehrheit den umstrittenen Eckpunkte-Antrag zur Schaffung von „Diagnose- und Förderzentren“ (DFZ) abnicken.

Damit ist das Auslaufen der 36 Integrierten Regelschulen, für deren Erhalt am Mittwoch 1.000 Menschen auf die Straße gingen, beschlossene Sache. Gleichzeitig ist festgelegt, dass an den bestehenden Förder- und Sprachheilschulen eine „stationäre Betreuung“ verbleibt.

Allerdings erklärte der CDU-Schulpolitiker Robert Heinemann, man wolle die Bedenken ernst nehmen. Dabei teilte er die Kritik in „zwei Formen“. Die einen wollten, dass die 36 IR-Schulen ihre „privilegierte Ausstattung“ gegenüber den übrigen 199 Schulen behalten. Dies teile er „aus Gründen der Gerechtigkeit“ nicht. Die anderen hätten „konkrete Anregungen und Sorgen, die wir gerne in das Umsetzungskonzept aufnehmen“.

So gebe es „offenbar Sorgen“ aufgrund von Erfahrungen in anderen Bundesländern, dass in Zukunft „mehr Kinder als heute nicht-integrativ am Diagnose- und Förderzentrum zur Schule gehen“. Da die CDU dies politisch nicht wolle, könne man über eine „Obergrenze“ für den nicht-integrativen Unterricht diskutieren, die sich an der Schülerzahl orientiert, die bereits heute an Förder- und Sprachheilschulen sind. Laut CDU sind dies 1.600 Kinder bei insgesamt rund 2.200 Kindern mit sonderpädagogischen Förderbedarf.

Ferner könne man die Zuweisung von Fördermitteln an „verschiedene Kriterien koppeln“, um zu verhindern, dass bestehende Ressourcen „gesprengt oder ineffizient eingesetzt werden“.

Bislang hatte die CDU nur davon gesprochen, dass es erst nach einer Einzelfalldiagnose Förderstunden für Kinder geben soll. Der Uni-Lehrbeauftragte Klaus Koch hatte im taz-Streitgespräch mit Marcus Weinberg (CDU) vor einem „Rückschritt in die pädagogische Dinosaurierzeit“ gewarnt. Da hier den Schulen ein Anreiz geboten wird, Schüler als förderbedürftig zu ettikettieren, werde sich die Zahl der gemeldeten Schüler wie in anderen Ländern „explosionsartig vermehren“.

Koch hatte deshalb vorgeschlagen, die Sonderpädagogen den Grundschulen zuzuweisen und hierfür die Sozialdaten der KESS-Schulstudie zu übernehmen. Ein an diese Idee angelehnter Antrag der SPD fand gestern keine Mehrheit. Kaija Kutter