Kongo untersucht seine Plünderer

Eine parlamentarische Untersuchungskommission in der Demokratischen Republik Kongo hat begonnen, Wirtschaftsverträge aus Kriegszeiten unter die Lupe zu nehmen

BRÜSSEL taz ■ Die „illegale Ausplünderung“ der natürlichen Ressourcen der Demokratischen Republik Kongo wird neu untersucht – von den Kongolesen selbst. Eine parlamentarische Untersuchungskommission überprüft die ökonomischen Machenschaften, mit denen sich Kongos Kriegsparteien während des Krieges von 1998 bis 2003 finanzierten. Die 17-köpfige Kommission setzt da an, wo vor einem Jahr die Arbeit einer UN-Expertenkommission zum Thema geendet hatte, und reiste jetzt in die UN-Zentrale nach New York, um das Archiv des aufgelösten Expertenpanels einzusehen.

Denn obwohl Kongos Krieg seit Sommer 2003 offiziell vorbei ist, gelten die während des Krieges geschlossenen Verträge über die Ausbeutung der natürlichen Reichtümer des Landes, die dem organisierten Transfer von Einnahmen weg von Kongos Staat an Privatpersonen im In- und Ausland zugrunde lagen, heute größtenteils weiter – egal ob die einstige Regierung von Präsident Kabila oder die einstigen Rebellen sie abschlossen. Die Kommission hört nun als Erstes die Leitungen von Kongos Staatsbetrieben und den zuständigen Regierungsabteilungen an. Die müssen sagen, mit wem sie während des Krieges Verträge abgeschlossen haben. Dann wird geprüft, ob die Vertragspartner ihre Verpflichtungen eingehalten haben und welche Zahlungen geleistet worden sind. Wenn es Streit um die Auslegung der Verträge gibt, wird eine gütliche Einigung gesucht. „Nur, wenn jemand blockiert, werden wir gezwungen sein, auf den Rechtsweg zurückzugreifen“, sagt Kommissionspräsident Christophe Lutundula.

Lutundula, Mitglied der Fraktion der zivilen politischen Oppositionsparteien im Übergangsparlament, ist Jurist mit politischer Erfahrung. So geht er seine Arbeit ohne Illusionen an. Er will nicht so sehr Schuldige denunzieren, sondern vor allem zu einem verbesserten Ressourcenmanagement beitragen. „Wir können kein Vakuum beim Umgang mit den Ressourcen unseres Landes zulassen, und wir dürfen auch Unternehmer nicht entmutigen“, sagt er.

Schon die Gründung der Kommission wurde von Streit überschattet. Ursprünglich wollten die zivilen Oppositionsparteien und zivilgesellschaftlichen Kräfte in Kongos Allparteienregierung die Kommission alleine besetzen und die für die zu untersuchenden Vorgänge verantwortlichen einstigen Kriegsparteien draußen halten. Als das Parlament am 24. April über die Gründung der Kommission abstimmte, votierte daher Präsident Kabilas Partei PPRD (Volkspartei für Wiederaufbau und Entwicklung) dagegen.

Nach langen Verhandlungen wurde ein Kompromiss gefunden: Alle Parteien der Allparteienregierung, also auch Kabilas PPRD und die einstigen Rebellen, sitzen in der Untersuchungskommission. Aber sie dürfen nicht an Untersuchungen teilnehmen, die Vorgänge aus von ihnen zu Kriegszeiten kontrollierten Gebiet betreffen. Dennoch bleiben Widerstände. Eine erste Mission der Kommission führte sie Ende August nach Lubumbashi, Hauptstadt der Bergbauprovinz Katanga und Hochburg Kabilas. Als die Kommissare eintrafen, rief eine PPRD-Jugendorganisation dazu auf, ihre Arbeit zu stören. Ein Kommissionsmitglied aus Katanga sorgte schließlich für eine Deeskalation. Aber als Folge nahm die Kommission mit der UNO Kontakt auf, um über militärischen Schutz ihrer Arbeit zu reden.

Bis November will die Kommission sämtliche Landesteile des Kongo besucht haben. Ein vorläufiger Bericht soll Ende November vorliegen, wenn das Mandat der Kommission ohnehin zur Verlängerung ansteht. Aber die Arbeit, so Lutundula, gestaltet sich „im Chamäleontempo“. FRANÇOIS MISSER