Gentech-Gesetz verzögert

Heute sollte im Bundestag das neue Gentechnikgesetz verabschiedet werden. Dazu wird es erst einmal nicht kommen. SPD-Länder melden überraschend Diskussionsbedarf an

BERLIN taz ■ Das neue von Bundesverbraucherministerin Renate Künast vorgelegte Gentechnikgesetz kann doch nicht wie geplant heute im Bundestag verabschiedet werden. Mit den Stimmen der sozialdemokratisch reagierten Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz vertagte der gemeinsame Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat am Mittwoch die Beratungen über das Gesetz.

„Landwirte, Verbraucher und die Natur werden die Verlierer dieser Verzögerungstaktik sein“, kritisiert der Präsident des Naturschutzbundes (Nabu), Olaf Tschimpke, die Entscheidung des Vermittlungsausschusses. Erst Ende Oktober will der Ausschuss die Beratungen über das Gentechnikgesetz beginnen. Sollten dann noch weitere Verzögerungen eintreten, kann es noch Monate dauern, bis das Gesetz endgültig in Kraft tritt.

Bis dahin, so Tschimpke, könnten weiterhin Gentech-Organismen ausgebracht werden, ohne dass ein öffentliches Kataster oder ein begleitendes Monitoringverfahren für mehr Transparenz sorge. Auch geheime Freisetzungsversuche, wie sie von Sachsen-Anhalt initiiert worden sind, wären damit weiterhin möglich.

Eigentlich ist das neue Gentechnikgesetz längst überfällig. Im Oktober 2002 hätten schon die EU-Richtlinien im Gesetz eingearbeitet sein müssen. Es ist jetzt das zweite Mal, dass der Bundesrat die Verabschiedung des Gesetzes verzögert. Einen ersten Entwurf lehnte der Bundesrat vor einigen Monaten ab. Daraufhin wurde das Gesetz von der SPD und den Grünen geteilt, in einen im Bundesrat zustimmungspflichtigen und einen nicht zustimmungspflichtigen Teil. Die Abschnitte, die allein von der Kanzlermehrheit im Bundestag verabschiedet werden können, enthalten die besonders umstrittenen Vorschriften, wie das teilweise öffentlich zugängliche Register oder die verschuldensunabhängige Haftung. Hier kann der Bundesrat zwar Änderungen fordern, letztlich entscheidet aber der Bundestag. Der Bundesrat kann hier nur verzögern –so wie jetzt geschehen.

Dass die CDU/CSU-Länder versuchen werden das Gesetz zu verhindern, war vorab schon klar. Sachsen-Anhalt hatte sogar angekündigt vor das Verfassungsgericht zu ziehen. Der Verwurf: Mit dem Gesetz werde die Anwendung der Gentechnik verhindert. Überraschend war aber, dass auch Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz – in beiden Bundesländern ist die SPD mit an der Regierung – im Bundesrat noch Diskussionsbedarf anmeldeten. Verabredet war, so ist aus Insiderkreisen zu erfahren, dass die SPD-Länder im Bundesrat für ein Schnellverfahren stimmen würden. Kurz darauf hätte dann der Bundestag das Gesetz abschließend beraten können. Diese Verabredung wurde von den zwei Bundesländern nicht eingehalten.

WOLFGANG LÖHR