Große Koalition für mehr Regulierung

Heute wird der Bundesrat eine schärfere Kontrolle der Strompreise fordern. Auch im Bundestag denkt man plötzlich fraktionsübergreifend in diese Richtung – eine schwere Niederlage für Wolfgang Clement und sein Gesetz zeichnet sich ab

AUS BERLIN MATTHIAS URBACH

Wirtschaftsminister Wolfgang Clement muss mit einer deutlichen Revision seiner Pläne zur Regulierung des Energiemarkte rechnen. Offenbar hat er nicht nur den Bundesrat gegen sich, sondern auch große Teile des Bundestags.

Heute entscheidet der Bundesrat über 71 Änderungsanträge zu Clements Energiewirtschaftsgesetz. Einig ist sich der Bundesrat offenbar über die Parteigrenzen hinweg darüber, dass es eine „Ex-ante“-Regulierung geben soll, also eine zwingende Vorabgenehmigung der Preise. Das erklärte Schleswig-Holsteins Wirtschaftsstaatssekretär Wilfried Voigt gegenüber der Presse. Clement sieht bisher eine „Ex-post“-Regulierung vor. Dies bedeutet, dass die Regulierungsbehörde erst im Nachhinein überhöhte Preise korrigieren darf. Bei der Auseinandersetzung geht es vor allem um die künftige Regulierung der Stromleitungsgebühren, die etwa ein Drittel des Strompreises ausmachen. Die großen Konzerne nutzen ihre Netzmonopole immer noch dafür, Konkurrenten vom Markt fern zu halten.

Auch im Bundestag zeichnet sich inzwischen stärke Unterstützung für die Ex-ante-Regel ab. Die Änderungsanträge im Bundesrat gingen „in eine Richtung, in die hier eigentlich alle denken“, sagt die grüne energiepolitische Sprecherin Michaele Hustedt – und zwar „fraktionsübergreifend“. Sie sei „optimistisch“, dass man im Vermittlungsausschuss zu einer guten Einigung kommen werde.

Damit hat sich die Stimmung offenbar total gewandelt. Lange hatten Wirtschaftsministerium, Teile der SPD sowie die Union einer strengen Regulierung ablehnend gegenüber gestanden. Clements Entwurf war auch von der unabhängigen Monopolkommission klar abgelehnt worden: „Keine substanzielle Verbesserung“, so der deutliche Kommentar. Stattdessen forderten die Experten eine „Ex-ante“-Regel und führten das Beispiel England an: Dort wurden durch eine vom Regulierer festgelegte Obergrenze für die Durchleitungspreise inzwischen die Netzkosten halbiert. Mit Versuchen, die Preise im Nachhinein zu regulieren, ist das derzeit zuständige Bundeskartellamt bereits zweimal an den Gerichten gescheitert.

Anlass für den Stimmungswandel waren die von RWE und Vattenfall angekündigten starken Strompreiserhöhungen. „Die Debatte hat ein paar Fenster geöffnet“, sagt Hustedt. „Es ist nun allen klar, dass der Regulierer mit einem scharfen Schwert ausgestattet werden muss.“