Lichter aus – Servus Space Center

Aus BremenKlaus Wolschner

Kaum etwas deutet auf dem „Starwalk“, der wie immer galaktisch leergefegten Fußgänger-Passage im Eingangsbereich des Bremer Space Centers drauf hin, dass die letzten Stündchen geschlagen haben. In dem ausgestellte Modell wird die Gastronomie im ersten Stock angepriesen. In Wahrheit ist kein einziger der Läden in der Passage jemals vermietet worden. „Für Sie geöffnet 356 Tage im Jahr“ steht auf einem Zettel des Kinos „Cinespace“. Keine Werbung für die letzte Chance, Europas größten Indoor-Erlebnispark zu besuchen, keine „Last-Minute“-Preise. Nur der verwaiste große Informationsstand deutet auf das Ende hin.

Wer ist eigentlich Schuld an dem Debakel?

In der Bremer Landesregierung, gestellt von einer großen Koalition aus SPD und CDU, ist klar: Verantwortlich für die Pleite dieses wichtigsten Sanierungsprojektes ist eigentlich niemand – alle haben mitgemacht. Wie viel hat das Land Bremen hineingesteckt? Die Summen, die offiziell genannt werden, liegen unter 100 Millionen Euro. Eine kaufmännisch seriöse Rechnung dürfte auf eine Summe über 200 Millionen Euro kommen.

Wie eine dramatische Klangkollage hat das optimistische Getöse der Politiker zehn Jahre lang den Planungsprozess begleitet. Die große Koalition hat sich von Anfang an so mit dem Projekt identifiziert, dass ein Scheitern auch ihr Scheitern gewesen wäre. Das haben die Projektentwickler der Köllmann-Gruppe, die bis zum Jahre 2002 in Bremen als Hoffnungsträger und Experten vorgeführt wurden, weidlich ausgenutzt – unterstützt durch jede Menge Experten-Gutachten. Höhepunkt war die Vorstellung der Planungen für das Schwester-Projekt „Ocean-Park“ in Bremerhaven: Zwei dicke Blaue Bände, 1.000 Seiten heiße Luft mit Bildchen. Diverse Marketing-Agenturen haben gut verdient an der Begleitung des Getöses. Wer Zweifel äußerte, war ein Miesmacher.

Der Space Park wird ganz einzigartig, das wussten die Tourismus-Experten der Hamburger Firma Wenzel & Partner schon im Jahre 1994. In einem von der DASA bezahlten Gutachten stellen sie fest: „Das Zieleinzugsgebiet wird aufgrund der Einzigartigkeit des Space Parks ganz Deutschland und die angrenzenden Nachbarländer (Benelux Staaten und Skandinavische Länder) umfassen. Das mehrsprachig ausgelegte Projekt erlaubt es gerade die Touristenströme aus Skandinavien Richtung Süden sowie den Urlaubsverkehr in Richtung Nord- und Ostsee an den Park zu binden.“

Das BAW-Institut des Wirtschaftssenators rechnet im Mai 1996 exakt nach: Durch Steuerrückflüsse kämen 19,153 Millionen Mark pro Jahr in die Kasse, dadurch wären die angepeilten staatlichen Aufwendungen in Höhe von 100 Millionen Mark in nur fünf Jahren amortisiert. Dummes Zeug dieser Art füllt Dutzende von Ordnern.

Ein interner Kritiker

In der Bremer Baubehörde sitzt ein Hans Rainer Dietrich hinter Stapeln von Unterlagen und Akten. Er ist Mitarbeiter im Bereich Stadtentwicklung und Stadtforschung, ein Querulant für die Behörde, kaltgestellt. Dietrich hat nachgerechnet. Ergebnis: Das Space Center kann ohne dauerhafte Subventionen nicht existieren. Die Berechnung der steuerlichen Effekte durch das BAW-Institut sind falsch. Auch für den Fiskus „rechnet“ sich die Ansiedlung nicht. Aufgrund des hohen Anteils von Billig-Jobs stünden die Steuereinnahmen in keinem Verhältnis zu den öffentlichen Geldern. Sein Fazit: „Eine Entscheidung für den Space Park würde die Finanzkraft Bremens daher nicht stärken, sondern schwächen.“ Natürlich hatte er seine Überlegungen auch hausintern vorgelegt, aber ohne Resonanz. Das sei nicht die Aufgabe des Senators für Stadtentwicklung, sagte der Pressesprecher 1998, „wir können das hier bei uns nicht überprüfen“ . Verantwortlich sei der Wirtschaftssenator. Und Dietrichs Expertise sei seine Privatangelegenheit. Dietrich stellte sie unter www.bremer-verhaeltnisse.de ins Internet.

Paris ohne Eifelturm?

Umsonst. Im Jahre 2000 war Spatenstich. Jürg Köllmann ist dabei. „Was wäre Wien ohne Prater, was wäre Paris ohne den Eifelturm!“, kalauerte er.

Niemand in der Behörde hat in den vergangenen Jahren nachgefragt, welches Interesse der Projektentwickler Köllman an dem Projekt haben könnte. Hundert Millionen hat er nach Frankfurt geschleppt und rechtzeitig in Sicherheit gebracht, sagen Insider. Viel davon hat die Dresdner Bank bezahlt, aber auch Bremen hat außerhalb der offiziellen Subventionen dem Projektentwickler diverse Aufträge zugeschanzt, mit denen der richtig Geld verdient hat. Bevor die Köllmann-AG liquidiert wurde, waren werthaltige Teile wie die Hotelkette ausgelagert worden. Die Spuren führen in die Schweiz und verschwinden dort im Trüben. In Bremen hat Köllmann im Jahre 2003 zum letzten Mal Geld abgeholt – 1,5 Millionen Euro als Ablöse für wertlose alte Ocean-Park-Planungen.