Die Pyramiden von Flottbek

Im Botanischen Garten entsteht eine Wüstenlandschaft, wenn auch mit leichter Verzögerung.Das Projekt soll auf die weltweite stetige Ausdehnung der Trockengebiete aufmerksam machen

von Sebastian Siegloch

Im Botanischen Garten Klein Flottbek ragen zwei blauschimmernde Pyramidenhälften zehn Meter hoch in den Himmel. Zwischen den beiden Hälften verläuft ein Weg, dahinter erstrecken sich Terrassen, bedeckt mit feinem Wüstensand. In der pyramidalen Glasfassade spiegelt sich die Silhouette eines Baggers.

Wo heute noch ein Berg aus Quarzsand liegt, sollten sich eigentlich schon Dünen aus Wüstensand erheben. Und wo sich jetzt der Betonmischer dreht, sollte bereits ein echtes Beduinenzelt stehen: Ende September, so war‘s geplant, sollte der Wüstengarten in Klein Flottbek eröffnet werden, doch „es hat Probleme an mehreren Stellen gegeben“, sagt Projektkoordinatorin Angela Schulze-Scholpp. Die Pyramiden benötigten einen ebenerdigen Zugang, damit auch Rollstuhlfahrer die hier vorgesehene Ausstellung besuchen können. „Außerdem haben wir jeweils eine zweite Tür einbauen lassen, um den Besucherstrom besser zu leiten.“ Das sei schwieriger gewesen als erwartet, „besonders wegen der großen einzelnen Glasscheiben“.

Dennoch: Pyramiden und Sandterrassen lassen ahnen, was die Besucher demnächst erwartet. Dann wird sich auf 2.800 Quadratmetern ein Wüstengarten erstrecken, dessen Mittelpunkt die blauen Pyramiden bilden. Sie kommen direkt aus Rostock – von der Internationalen Gartenausstellung (IGA) 2003. Dort standen sie im Garten der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und gehörten Seiner Hoheit, Scheich Zayed Bin Sultan Al-Nahyan, Herrscher von Abu Dhabi und Präsident der VAE.

„Ursprünglich war es geplant, die Pyramiden nach Abu Dhabi zurückzutransportieren“, erzählt Schulze-Scholpp. „Doch nach der IGA hat die Uni Hamburg ein überzeugendes Konzept für die weitere Nutzung vorgelegt.“ Insgesamt hätten rund zehn Bewerber Interesse bekundet. Der Scheich aber war von der Hamburger Idee eines Wüstengartens am meisten angetan und schenkte die beiden Bauwerke dem Botanischen Garten.

„Das Areal gliedert sich in zwei Bereiche: Auf der einen Seite zeigen wir ursprüngliche Wüstenlandschaft, auf der anderen von Menschen begrünte Kulturlandschaft“, erklärt Professor Norbert Jürgens. Zusammen mit dem Chef des Botanischen Gartens, Carsten Schirarend, hat der Leiter des Zentrums für Trockengebietsforschung das Konzept für den Wüstengarten entwickelt. Das Zentrum ist Teil der Universität Hamburg. Schon seit Jahrzehnten erforschen seine Wissenschaftler die Wüsten in Afrika.

„Die Wüstenzone wird so naturnah wie möglich gestaltet – mit Wüstenpflanzen aus der ganzen Welt“, beschreibt Schirarend das Konzept. Die Agaven und Palmfarne sollen einen Kontrast zu den Oliven- und Granatapfelbäumen in der Kulturlandschaft – oder auch Oase – bilden. Auf großen Terrassen werden Gemüse, Obst und Kräuter gepflanzt. „Das soll zeigen, wie sich die Menschen in den Wüsten selbst versorgen“, so Schirarend. Quer durch den Garten wird ein Wasserkanal verlaufen, der so genannte „Falaj“. Schon seit Tausenden von Jahren gewinnen die Menschen an Oasen oder Flüssen der Wüste durch solche Kanäle fruchtbares Land ab.

„Mit dem Garten wollen wir darauf aufmerksam machen, dass sich die Wüsten weltweit ständig ausweiten“, sagt Schirarend. Die Ausstellung von Norbert Jürgens in den beiden Pyramiden liefert dazu den theoretischen Hintergrund und will zeigen, wie dem Problem entgegengewirkt werden könnte.

Die Eröffnung der Wüste von Klein Flottbek ist nun für April oder Mai geplant. Doch Schirarend ist über die Verzögerung nicht unglücklich: „Es macht ohnehin mehr Sinn, eine Garten im Frühjahr zu eröffnen.“