Nun auch Körting gegen die NPD

Innensenator Körting hat die NPD-Demo im Wedding verboten. Nun entscheiden die Gerichte. Gegendemos soll es auf jeden Fall geben. Die Weddinger Migranten zeigen sich gelassen

von STEFAN KLOTZ
und WALTRAUD SCHWAB

Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hat die NPD-Demonstration im Wedding gestern doch noch verboten. Der auf der aktuellen Internetseite angekündigte Zweck der Demo „gegen islamische Zentren in der Stadt“ stehe nicht im Einklang mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit“, teilten Innenverwaltung und Polizei mit. Einer ganzen Bevölkerungsgruppe werde damit ihr Recht auf freie Religionsausübung abgesprochen, sagte der Justiziar bei der Polizei, Oliver Tölle. Dies gilt für einen großen Teil der WeddingerInnen westlich der Bornholmer Brücke, durch die die NPD ziehen wollte. Annähernd 50 Prozent der dort Lebenden ist ausländischer Herkunft, viele sind Muslime.

Ursprünglich sei von der NPD eine Demonstration gegen „islamistische Zentren“ angekündigt worden. Gegen diesen Nazi-Aufmarsch hatte der Innensenator Ehrhart Körting (SPD) einen Tag zuvor ein rechtliches Vorgehen noch ausgeschlossen. Warum, wurde nicht erläutert. Und dies, obwohl Körting – als die NPD noch durch Kreuzberg ziehen wollte – von „Volksverhetzung“ und „Sauerei“ sprach.

Die NPD hat Rechtsmittel beim Verwaltungsgericht gegen das Verbot eingelegt. Das Votum der Richter war bis Redaktionsschluss nicht bekannt. Nach Auskunft der Versammlungsbehörde muss unabhängig von der Entscheidung des Verwaltungsgerichts mit der Anrufung weiterer Instanzen gerechnet werden.

Antifaschistische Gruppen, sowie die Bezirke Mitte und Pankow als auch die Grünen halten an ihren geplanten Protestaktionen gegen den Aufmarsch der Rechten fest, wenngleich der Ausgang der juristischen Auseinandersetzung noch offen ist. Auch die BVV Friedrichshain-Kreuzberg ruft auf, sich an friedlichen Protestaktionen gegen den Rechtspopulismus im Wedding zu beteiligen.

Die Weddinger selbst wussten meist noch nichts von der geplanten Nazidemo in ihrem Kiez. Gregor Scherbarth fällt fast der Kaffeebecher aus der Hand als er es hört. „Die NPD im Wedding?“ Er schüttelt den Kopf. „Da gehe ich zur Gegendemo und werde mal ein Ei auf die Nazis werfen.“ Er hofft, dass auch seine ausländischen Mitbürger Farbe gegen die NPD bekennen.

Auf Oguz Yalniz wird Scherbarth vergeblich hoffen: „Sollen die Nazis doch demonstrieren gehen. Das mache ich auch, wenn mir was nicht passt“, sagt der 20-Jährige. Auch Caman Polat der Mitinhaber des Imbiss Kaplan am U-Bahnhof Osloer Straße sähe einer NPD gelassen entgegen. „Das Geschäft wird laufen wie sonst auch“, glaubt er, während er Brot in seine Tomatensuppe brockt. Sollte die NPD nicht marschieren, fände er das für die Gegenaktionen um so besser. „Zwei Demos an einem Tag, das bringt doch nichts.“

Die Konkurrenz gewänne einem Nazi-Tross sogar etwas Positives ab. „Vielleicht verkaufe ich deswegen mehr“, mutmaßt Yakup Yilmaz. Seinen Imbiss an den Straßenbahngleisen würde er selbst inmitten von Rechten öffnen. „Dann komme ich halt mit Pistole“, entgegnet Yilmaz, als ihm eine Kundin über ihrer Currywurst erklärt, wer da an seinem Laden vorbeiziehen will.

Krawalle oder nicht, Tuncer Karabulut, Erzieher im Jugendladen Putte e. V. ermuntert, seine Kids dazu, Farbe zu bekennen. Sein Bemühen zeigt bereits Erfolg. „Nazis raus!“, brüllt ein Junge und übt schon mal für heute.