Jukebox

Botschaft und Bedeutung: Kunstrock ist wieder da

„They never come back“, tröstete man sich am Boxring, bis Floyd Petterson auch diesem Satz den Knockout versetzte. Alles kommt wieder. Die Schlaghose. Fransen an den Schuhen. Das Gespenst, das durch die Siebziger irrte, bis Punk ein Einsehen hatte und uns erlöste von dem Kunstrock. Wer seine Yes-Platten aber auf dem Trödel entsorgte, hat zwar Recht und doch das Nachsehen. Artrock ist wieder da, um erneut ein wenig an den Schnörkeln zu schnitzen. Eine Arbeit, auf die zwischenzeitlich weniger Wert gelegt wurde, weil man verfeinerte Kunstsinnigkeit eher als einen Nebenwiderspruch betrachtete und sich gar nicht mehr dafür interessieren wollte, dass halt viele irgendwohin mussten mit ihren Klavierstunden, den Strawinsky-Konzerten und der ganzen Bildung, die nicht auf der Straße aufgelesen wurde. So kam der Progrock in die Welt und kann deswegen jetzt wieder rekonstruiert werden, weil es doch eigentlich längst egal ist, welche Vergangenheit man im Remake zelebriert. Heute Abend machen sich in der Arena die Frankokanadier von The Musical Box (na, macht’s pling?) an den getreulichen Nachbau der Musik von (genau!) Genesis, natürlich dem kunstverdächtigen Frühwerk der Progrocker, im Butterclub kann man bei Progressive-Rock-Abenden die Originale von Plattenteller hören (nächster Termin: Donnerstag, 30. Oktober), und nach dem Auftritt von Mina kürzlich in der Volksbühne meinte ein Berliner Konzertmacher ganz verstört, in deren neuem Material den Schrecken von Pink Floyd gehört zu haben. Alles kommt wieder. Aber es geht auch wieder vorbei. Am Montag lässt sich übrigens einer in der Stadt blicken, dem man auch noch die Sache mit dem Kunstrock in die Schuhe schieben kann. Vergeistigung des Rock über den Umweg Beatles: „Von ungefähr 1964 an wurden sie beeinflusst von Bob Dylans Texten, und ihre Worte, die immer ganz eindeutig gewesen waren, wurden jetzt gesuchter, verschrobener, surrealer. Botschaft und Bedeutung: plötzlich brach die Zeit des schöpferischen Künstlers an.“ Schrieb Nik Cohn ganz traurig in seiner „Pop History“. THOMAS MAUCH