herthas niederlage
: Der Nahe Osten Europas

Raus, aus, vorbei. Hertha ist nicht mehr im Uefa-Cup und damit auch nicht mehr europäisch. Raus aus der ersten Runde. Wäre Hertha eine Beitrittskandidatin, wäre sie an den Kopenhagener Kriterien gescheitert, so wie Bulgarien und Rumänien. Auch die müssen bis zum Jahre 2007 warten, bis sie wieder an Europa denken dürfen.

Woran liegt es, dass Hertha so europauntauglich ist? An Huub Stevens? Der ist immerhin Holländer. An den Spielern? Wer von denen ist schon Deutscher? Oder liegt es am Umfeld? An der Stadt, für die Hertha spielt? Die Rede ist von Berlin.

Wer Muße hatte, den Schicksalstag der Herthaner am Radio zu verbringen, wusste gleich: Das kann nicht gut gehen. Nicht gegen eine Mannschaft wie Groclin Grodzisk. Artur Wichniarek wird wissen, wovon die Rede ist. Es geht um die hohe Kunst, die Dinge beim Namen zu nennen.

Es begann schon bei den Vorberichten. „Heute Abend spielt Hertha BSC im Uefa-Cup gegen Grodschlin Gro… ich gebe mal besser an meinen Kollegen vom Sport.“ So fadenscheinig versuchte sich die Moderatorin im „Inforadio“ aus der Affäre zu ziehen. Der Kollege vom Sport konnte es nicht besser. „In Grodschik steht Hertha heute ein entscheidendes Spiel bevor“, sagte er, immerhin, er stammelte nicht, auch wenn es Grodschik nicht gibt, nicht einmal in Polen.

Insgesamt gab es sieben Variationen über den Gegner der Hertha: „Grodschlin Grodschisk“, „Grotzlin Grodschik“, „Grotschlin Grotzischk“ und so weiter. Nur auf „Grotzlin Grodschisk“ ist nur einer gekommen. Es war jener Reporter, der live von der Niederlage berichtete. War das nicht Herr Muschbowoska, den sie aus Warschau einflogen, damit wenigstens die Niederlage von „Inforadio“ nicht allzu schlimm ausfällt?

Es ist ein Jammer. Da ist die Mauer seit 14 Jahren weg, Polen liegt vor der Haustür, doch europatauglich ist Berlin noch immer nicht. Nicht einmal dort, wo Berlin am kosmopolitischsten ist, in den Medien. Da reden die Kollegen ohne sich zu schämen von Slubitsche oder Slubitsch, wenn es mal wieder darum geht, das Nachbarland ins Featureformat zu pressen. Aber was soll man auch erwarten von einer Stadt, in der man den Fisch immer noch bei „Rogaki“ kauft? Aber es ist eben nur die halbe Wahrheit. Sliwowitz können die Berliner problemlos aussprechen. Hamas artikulieren wir geübt Chamas, der Dschihad Islami bereitet uns schon lange keine linguistischen Probleme mehr.

Doch es sind nicht nur die armen Moderatorinnen und Sportreporter, die an Europas Nahem Osten scheitern, sondern auch die Politiker. Oder wie war das, Herr Wowereit, als Sie Herrn Kwaschnjewski damals mit „Präsident der Volksrepublik Polen“ angesprochen haben? Da reicht es nicht, unschuldigstes Lachen aufzusetzen und darauf hinzuweisen, dass man auch aus dem Osten kommt.

Wie also kriegen wir Berlin, und mit ihm die Hertha, europatauglich und in den Uefa-Cup? So viel Geld für Sprachkurse hat ja nicht einmal der Finanzsenator. Unser Vorschlag: Artur Wichniarek, übernehmen Sie das Mikrofon, und die Reporter und Politiker müssen auf den Rasen. Dann stimmt wenigstens das Umfeld. Und vielleicht reißen sich die Spieler auch mal wieder am Riemen, wenn der nächste Gegner Pogon Schtschetschin heißt. UWE RADA